Grützwurst mit herbstlichen Früchten
Von Claudia am Nov 11, 2007 | In Rezensionen, Alltagsküche, Fool for photos, Fleisch, Herbst
Es gibt Kochbücher, die einen ganz besonderen Reiz ausüben. Schon beim In-die-Hand-Nehmen fällt "Schwein & Sohn" angenehm handschmeichlerisch durch die gepolsterten rosa Buchdeckel auf. Ich habe das Kochbuch schon eine ganze Weile und habe es immer wieder zur Hand genommen. Viele deftige Rezepte, die ihrer Erprobung harren, weil sie mitunter viel zu deftig scheinen. Den ganzen Sommer habe ich das Kochbuch immer wieder in Augenschein genommen und auf den Herbst gewartet. Nachdem heute morgen die ersten dicken Schneeflocken vor meinem Küchenfenster tanzten, gab es heute abend etwas Fruchtig-Deftiges: Grützwurst mit herbstlichen Früchten.
Grützwurst kenne ich aus der Kindheit nur mit Kartoffelpüree. Um so erstaunter war ich, als die vielen leckeren Rezepte in dem Buch fand, die von Marie-Pierre Morel (die Food-Fotografin, die schon für Trish Deseines Bücher verantwortlich zeichnete) schön in Szene gesetzt wurden. Und das ist eine Kunst bei Gerichten, die im östlichen Deutschland liebevoll "Tote Oma" oder "Verkehrsunfall" genannt werden.
Zur Begrifflichkeit: Im Original ist von "Boudin noir" die Rede, was mit Blutwurst übersetzt wurde. Nun verstehe ich unter Blutwurst diesen von weißen Fettflecken durchzogenen Aufschnitt. "Boudin" ist, wenn ich in meiner Erinnerung krame, eine nicht ganz schnittfeste Wurst, die rein äußerlich mit den Grützwürstn vergleichbar ist, die ich hier in Norddeutschland kenne.
Aber zurück zum Gericht. Als herbstlicher Fruchtmix dienen Quitten, Birnen, Äpfel und Maronen. Die Früchte sollen klein geschnitten werden, allerdings waren sie auf dem Foto noch ganz bzw. halbiert. Da ich die Früchte nicht ewig garen wollte, habe ich die Birnen halbiert, die Quitte geviertelt, ebenso den Apfel. Wobei der ganz hätte bleiben künnen, denn die Viertel ermusten schnell. Im Rezept werden die Früchte in ausgelassenem Bauchfett gegart. Erst die Quitten, dann die Birnen, die zuvor dezent mit Zimt bestäubt wurden. Dann die Äpfel und Maronen. Letztere sollen vorgegart sein, ich habe das im Backofen erledigt und die Maronen kreuzweise eingeritzt kurz bei 200 Grad C geröstet. Statt des Bauchfetts musste ich mit Butterschmalz vorlieb nehmen. Geschmacklich wäre der Speck sicher netter gewesen.
Während die Früchte im Rezept nur in der Pfanne garten, habe ich die Pfanne in den 200 Grad C heißen Ofen geschoben und ca. 15 Minuten garen lassen. Die letzten 10 Minuten habe ich ca. 1 EL Zucker über die Früchte gegeben. So richtig schön goldig karamellisierte das allerdings nicht. Die Grützwurst habe ich kurz in der Pfanne von beiden Seiten angebraten und dann zu den Früchten in den Ofen gegeben.
Ein deftig-feines, fruchtiges Essen! Obwohl durch das Fett und die Wurst recht deftig, mildern die Früchte mit angenehmer Säure und fruchtigem Geschmack den allzu ordinären Charakter der Wurst. Wer das einmal so probiert hat, verzichtet künftig auf das obligatorische Kartoffelmus zur Grützwurst. Und an "Tote Oma" ist nicht mehr zu denken - zumal man beim Durchblättern von "Schwein & Sohn" alles Schweinische durch eine rosarote Brille sieht und ins Schwärmen gerät. Da wünsche ich mir fast, ich wäre - wie der Autor des Buches - Kind eines Schlachters. Und das passiert mir, einer Vertreterin der "Generation Pasta", die dem Fleischgenuss schon einmal für ein paar Jahre abgeschworen hat ...
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17 Kommentare
Danke f?r diesen Posting! Endlich verstehe ich, warum ich mit der deutschen Blutwurst h?ufig entt?uscht wurde: Ich habe sie f?r die deutsche Version des Boudins gehalten, nur ich mag die weissen Fettflecken gar nicht, und ich kenne sie aus Frankreich nicht, weder aus dem hausgemachten Boudin, noch aus dem gekauften. Aber der Name Gr?tzwurst lese ich heute zum ersten Mal. Ist es eine lokale Version? Oder gibt es sie auch am Rhein? Auf einmal habe ich Lust auf Boudin aux pommes. :-)
@ V?ronique: Ich kann eigentlich nur f?r die norddeutsche Gr?tzwurst sprechen, denn anderswo habe ich sie noch nicht gekauft. Sicherlich macht sie jeder Schlachter anders und ein 100%iges 1:1-Pendant zum Boudin noir ist sie wahrscheinlich auch nicht - wohl aber am ehesten vergleichbar. Das Lager der Gr?tzwurst-Fans spaltet sich in Deutschland in diejenigen, die die Gr?tzwurst mit Rosinen m?gen und die, die sie nur ohne essen. Boudin kann ja ebenfalls eine leicht s??liche Komponente haben. Ich habe eben noch einmal nachgeschaut: Boudin noir soll auch ?hnlichkeit mit der hessischen Schwarzwurst haben. Die kenne ich allerdings gar nicht.
Gr?tzwurst in Berlin ist wieder etwas anderes als in Schleswig-Holstein ...
Aber die oben beschriebene mit Rosinen und ihrem etwas s??lichen Geschmack ist schon etwas ganz feines... habe ich lange nicht mehr gegessen - eine gute Anregung!
Das oben beschriebene Rezept ist ja selbst f?r uns Norddeutsche, die jedem Gericht etwas Obst zuf?gen wollen, sehr fruchtbetont! Ich kenne es eigentlich mit Sauerkraut und ?pfeln, werde es aber auch so mal probieren!
@ V?ronique: Ich glaube, dein Blog kommt aus D?sseldorf. Deshalb hier mein Tipp: auf dem Carlsmarkt, bei Schinken-Toni, gibt es eine k?stliche Blutwurst mit Gr?tze. Die eignet sich auch sehr gut zum F?llen von Ravioli, Strudel usw.
@Matthias: Und dabei kommt das Rezept aus Frankreich ;-)
@Franz: Lecker, Ravioli mit Gr?tzwurstf?llung. Stelle ich mir sehr lecker vor!
Da lernt man ja was, In Nordeutschland sagt man Gr?tzwurst!
Ich liebe boudin, und werde nie vergessen, wie ich mal auf dem land frische, selbstgemachte Blutwurst gegessen habe!
Originell Deine Idee mit Birnen, statt ?pfel und Kartoffelbrei.....
Raviolis sind auch damit lecker, hat Ilka gemacht, wenn ich mich nicht t?usche, und, probiert sie mal mit Jakobsmuscheln...
Es gibt verschiedene Arten von Gr?tzwurst, die von Region zu Region auch noch wieder unterschiedlich sind, z.B. Kochstreichw?rste und Blutw?rste. In den Leits?tzen tauchen sie bei den Ziffern 2.2312.11, 2.2313.12 und 2.232.12 auf: PDF
In meiner Gegend (S?dfrankreich, Hinterland des H?rault), gibt es beim charcutier (Schweinemetzger) beide Varianten von boudin noir: die schmaleren W?rstchen, die eine relativ lockere F?llung haben mit wenig Speck und die man in der Pfanne br?t, aber auch eine faustdicke Sorte, die der deutschen Blutwurst sehr ?hnlich sieht, wenn man sie aufschneidet. Die findet man dann meist kalt auf einer Wurst-Vorspeisenplatte.
Die boudin noir geh?ren auch traditionell zu den Schweineprodukten, die man am Schlachttag, also bei der F?te du cochon, dem Schweinefest, als erstes gemeinsam verspeist, frisch aus der Pfanne.
Ja, also in Berlin (und hier lebt der Metzger dessen Blutwurst schon mehrfach alle Preise abr?umte, die Blutw?rste so abr?umen) sind eigentlich keine Fettst?ckchen drinnen.
Das Rezept erscheint mir mehr als lecker ? alleine die Birnen!
@Katia: Unglaublich, ich habe in letzter Zeit h?ufig von der Kombination "Blutwurst & Jakobsmuscheln" gelesen. Du meinst wirklich, ich sollte das mal probieren?
@Ulrike: Danke! Geht doch nix ?ber eine Lebensmittelchemikerin in den Foodblogger-Reihen :-)
@Iris: Boudin und Blutwurst - ein weites Feld. Boudin beim Schlachtfest schmeckt sicherlich noch mal so gut.
@creezy: Allein wegen der Birnen - oder doch wegen der Prise Zimt? ;-) Ach ja: Danke f?r die Ellipse ?
Na, dann guckt euch doch 'mal oben den PDF an, da werdet ihr sehen, bei Blutw?rste mit! st?ckigen Einlagen ist Speck sogar ein Muss :-). Alles Geschmackssache...
@Franz: (ein Nachbar?) Merci. Ich werde bei Schinken Toni vorbeischauen.
@Iris: Wird noch bei Euch in den H?fen geschlachtet? (Ich sage es nicht weiter. :-) )
Claudia, ich dachte, ich h?tte mich heute fr?h bereits bedankt. Tue ich also jetzt: Merci! Die Version mit Rosinen scheint mir sehr interessant. Bei soviel M?glichkeiten werde ich vielleicht den Rat meiner Mutter folgen, als Frau einmal pro Woche Blutwurst zu essen...
V?ronique: Es wird auf jeden Fall noch viel bei Privatleuten (Bauern oder einfach auch Wurstliebhabern) gewurstet. Ich glaube, die Bauern k?nnen einen bestallten (also offiziellen) Schlachter auf den Hof kommen lassen, der das Schwein t?tet und vermutlich auch auf Trichinen kontrolliert. Dann folgt "la fatigue du cochon" also das Schlachtfest.
Au?erdem werden hier in der Gegend zwischen August und Januar ja auch tausende von Wildschweinen erlegt und verarbeitet. Und da die Dianes dieses Fleisch nicht offiziell verkaufen d?rfen, wird damit auch viel Wurst gemcht, oder auch z.B. p?t? de t?te und sowas.
Es gibt im Februar ganz bekannte Dorffeste rund ums Schwein, wie z.B. la f?te du cochon ? St. Pons, wo man das auch alles life miterleben kann.
Blutwurst ist eigentlich ohne Speck und richtig gute gegessen haben wir schon "ewig" nicht mehr. Das muss demn?chst mal andernorts nachgeholt werden
Claudia, probier das mal aus! Ich habe das schon in Spanien, in Tapasbars gegessen, die spanische Blutwurst ( morcilla) ist ja nun ?hnlich.
Ich habe heute boudin, die franz?sische!, mit Topinambur gemacht...
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