Borough Market
Von Claudia am Mär 15, 2008 | In Fundstücke, Aus fremden Küchen, News
Wenn es einen Platz gibt in London, der das Zeug zum Wallfahrtsort für Foodies hat, dann "Borough Market" direkt an der Tube-Station "London Bridge". Wie mir meine Mitbewohnerin aus Auslandszeiten erklärte, soll dort auch Jamie Oliver einkaufen gehen. Und tatsächlich ist es ein Foodie-Paradies. Ein Hochpreisiges. Ein Trendiges.
Ich war an einem Freitag um die Mittagszeit dort, samstags soll es noch mehr Stände geben. Lange Schlangen vor einigen Ständen. Das beschlipste Yuppie-Volk der umliegenden Bürokomplexe (Banken?) versorgt sich mit Sandwiches. Die sind - anders als man es in Deutschland erwarten würde - warm. 4,- GBP muss man für ein Beef-Sandwich berappen. Ich habe mich an der längsten Schlange angestellt. Was ich erst einmal bekomme ist ein Stück Baguette mit frisch gebratenem Rindfleisch. An einem separaten Tisch stehen allerlei Tuben, in denen Meerrettich-Sauce, Cranberry-Sauce, eine etwas schleimig aussehende Applesauce und einige andere nicht weiter beschriftete Saucen darauf warten, schwungvoll auf dem Fleisch verteilt zu werden. Ich habe mich für Horseraddish und Cranberry-Sauce entschieden. Sehr lecker und zünftig. Ich bin erst einmal eine Weile beschäftigt. Ein paar Stände weiter gibt es gebratene Chorizo aufs Baguette, dazu getrocknete Tomaten und Ruccola. Auch 'ne nette Idee.
So gestärkt lässt sich das bunte Treiben gut beobachten. Es geht ein wenig wuseliger zu als beispielsweise in der Stuttgarter Markthalle. Alles wirkt authentischer, auch wenn alles sicherlich ebenso sorgfältig arrangiert ist. Ich entdecke längliche Zitrusfrüchte, die "Lime Fingers" heißen, einige Pilze, die ich bislang nicht kannte und Altbekanntes, bei dem mich lediglich der Preis fasziniert: Wer bezahlt 4,99 GBP für ein Kilo Rhabarber? Als ich letzteren fotografiere, spricht mich ein älteres, britisches Ehepaar an: Ob ich den Rhabarber oder die Preise fotografieren würde. Ein Ausgangspunkt für ein nettes Gespräch über das Einkaufen in GB. Sie erzählen mir, dass sie auf kleinere Märkte gehen und vieles bei Waitrose oder Sainsbury's kaufen. Organic natrlich. Organic ist tatsächlich das Wort, dass mir in Bezug auf Lebensmittel am häufigsten in London begegnet - jeder, mit dem ich ins Gespräch komme erzählt mir "I buy organic".
Fasziniert bin ich von dem ganzen Wildschwein und den vielen Kaninchen, die keinen Zweifel daran lassen, dass sie kürzlich noch sehr lebendig waren. Leckere Jakobsmuscheln und irgendwie blöd glotzende Knurrhähne werden von den Fischhändlern angepriesen. Ich hätte gern etwas mitgenommen, hatte in meiner Unterkunft aber leider keine Küche zum Kochen.
Wer heute noch glaubt, auf der Insel wisse man nicht, was gut schmeckt, der irrt. Zumindest, wenn man das Lebensmittelangebot auf den Märkten sieht: Leckere Käsesorten ("Farmer's Cheese"), eine große Auswahl an "Artisan Bread", das so manchem Bäcker hierzulande zur Ehre gereichen würde, und auch viele Säfte, die von Obstbauern kreiert wurden. Auch Gewürzstände bieten eine reiche Auswahl, Raz-el-Hanout gibt es ebenso wie diverste indische Gewürzmischungen.
Auf dem Borough Market habe ich eher gut situierte Leute einkaufen sehen - und natürlich Touristen, bei denen das eine oder andere Glas Lemon Curd oder Marmelade in die Einkaufstasche wanderte.
Es soll von London Walks gelegentlich sogenannte "Foodie Walks" geben, leider fanden die während meines London-Aufenthalts nicht statt. Wer auf den Touri-Pfaden wandelt, sollte auch in Harrod's Food Halls vorbeischauen. Die großen Hallen mit allen möglichen Luxus-Lebensmitteln sind gigantisch und - als ich dort war - gut bewacht. Ich bin relativ schnell dort wieder heraus, weil ich von einem Security-Menschen gleich angehalten wurde, meinen relativ kleinen Tagesruck doch bitte in die Hand zu nehmen. Bepackt mit einer weiteren Tüte, konnte ich mich dort nicht entspannt umsehen. Der lebendigste preisliche Eindruck von dort: Schöne Mangos, die für 9,99 GBP das Kilo zu haben waren ... Dagegeben war Borough Market ja ein Schnäppchen-Paradies. Der Markt ist auf jeden Fall einen Besuch wert!
15 Kommentare
Danke f?r die interessante Ausf?hrung Claudia, diesen Markt kannte ich noch nicht. Als ich in London war, ist leider schon viele Jahre her, war ich auch im Harrods Market und ich muss sagen, so ein Angebot war mir auch noch nicht unter die Augen gekommen, toll einfach riesig, aber auch die Preise deftig. Wer kann sich schon leisten auf diesem Markt diese Preise zu bezahlen? Gut es liegt auf der Insel, aber da wird gutes Essen einfach unbezahlbar, oder nicht?
Wow, das klingt ja nach einem beneidenswerten Markt - oder auch nicht, preislich gesehen. Ich kenne aus meiner Londoner Zeit - wirklich lange her, ich mag es kaum sagen - den Gem?se Markt in der Portobello Road/Street (o.?.), wahrscheinlich allseits bekannt. Notting Hill war damals noch nicht etabliert wie heute und unter Woche gab es den Gem?se- statt Flohmarkt. Er kann in meiner Erinnerung nicht mithalten mit Deinen sagenhaften Fotos, vor allem jenes mit den Hasen samt Fell!! Ich bin gespannt auf Deine weiteren Eintr?ge von Deinem London-Trip!
@Ingrid: Ja, ich frage mich ebenfalls, wer diese Preise bezahlen soll. Sicherlich nicht der normale Angestellte, der sich mit Zweijob ?ber Wasser h?lt. Briten, die ich befragt habe, wie man sich die Londoner Preise leisten kann, sagten, dass viele Leute noch einen zweiten Job haben. Au?erdem gibt es viele - auch Akademiker - die weiterhin in Wohngemeinschaften leben.
@Katharina: Als ich in der Portobello Road war, gab es nur einzelne Gem?sest?nde - nicht weiter der Rede wert. Eine Londonerin empfahl mir noch Camden Market, doch nach diesem Tipp sagte eine junge Londonerin, dass Camden eher ein schicker Flohmarkt sei, weniger ein Foodie-Paradies. Habe ich mir dann geschenkt. Bl?derweise war ich dann auch noch die letzten beiden Tage krank und so ging fast nix mehr. Aber eine Genuss-Geschichte kommt noch. :-)
Sch?ner Bericht! :-)
In London war ich schon ewig nicht mehr, f?rs n?chste Mal merke ich mir diesen Markt vor! Bin auch gespannt auf die weiteren Eindr?cke.
Danke f?r den Bericht und die sch?nen Fotos.
Das London, das man sich als Tourist so anschaut, ist die Spielwiese von internationalen Superreichen. Egal, ob aus Indien, Russland, Arabien oder Pakistan. Es geh?rt dazu, seine Kinder dort studieren zu lassen. Wegen der Gesch?fte hat man dort eh einen Wohnsitz. Der gew?hnliche Londoner darf da nur noch zum Arbeiten rein. Sie wohnen in anderen Vierteln, fahren wirklich sehr lange und leben doch immer noch in London.
F?r eine sch?ne Mango habe ich k?rzlich 4 Euro in M?nchen bezahlt, da kam ich mir schon dekadent vor. Wenn ich w?sste, was eine Mango wiegt, k?nnte ich jetzt schnell ausrechnen, was die in London auf diesem Markt gekostet h?tte. Das Kilo 12,71 Euro nach heutigem Wechselkurs. Also ein gutes Pfund wiegt so eine Mango schon. Etwa 6 Euro?
ein sch?ner bunter bericht!
was w?rde man drum geben, so etwas auch in deutschen gro?st?dten vorzufinden. so ein viktualienmarkt in m?nchen ist toll, aber wohl nicht halb so spannend und sinnlich...
Bitte nichts gegen den Viktualienmarkt. Der kann da gut mithalten. Vielleicht nicht, was die Auswahl bei den Meeresbewohnern angeht.
Wenn ich an die Stuttgarter Markthalle denke - die hat auch einiges zu bieten. Der Hamburger Fischmarkt ist sicherlich auch von der Auswahl an Fisch her gro?artig und mit seinen vielen Marktschreiern auch eine Attraktion. Der Isemarkt in Hamburg bietet ebenfalls viele kleine St?nde mit ungew?hnlichen Marktst?nden. Was fehlt, sind - von Wurstbuden einmal abgesehen - die M?glichkeiten, vor Ort zu essen. Aber vielleicht w?rden die Wurstbuden ja von ausl?ndischen Besuchern ebenfalls als "exotisch" angesehen werden. Ein ganzes Schwein oder Kaninchen mit Fell, H?hnchen mit Kopf und Hals - das sucht man bisweilen auf deutschen M?rkten vergeblich.
Man meint, man sei in Italien und Frankreich zugleich!!!
Ja ja, gute ware hat halt seinen Preis, hier in Paris ist es Pahnlich, drum schockieren mich die Preise eigentlich gar nicht mehr so......
Da freue ich mich aber drauf - werde n?mlich morgen hinfliegen :-) danke f?r den tollen Tipp!
Auch ich bin demn?chst in London und finde Deinen Tipp sehr sch?n, da werden wir sicher auch mal dr?bergehen. Allerdings habe ich ein massives Problem mit ?berteuerten Waren gleich welcher Art; mal sehen, ob ich dort auch Dinge finde mit einem guten Preis-Leistungs-Verh?ltnis. Und wenn, dann blogge ich gerne dar?ber :-) Versprochen.
Ja, London ist nicht gerade ein günstiger Ort. Aber der Borough Market ist echt einen Besuch wert, vor allen Dingen, wenn man als Hobby das Kochen hat.
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