Meine Kochbücher des Jahres
Von Claudia am Dez 28, 2011 | In Rezensionen, News
Schon wieder ein Jahr rum. Ein gutes Jahr für Kochbücher? Hier gibt's meine 12 Lieblings-Kochbücher des Jahres.
Beginnen wir mit dem Frühling. Da stach das Buch Meine Wilde Pflanzenküche der Schweizerin Meret Bissegger hervor. Ich hatte das große Vergnügen einen ihrer Frühlingskräuterkurse zu besuchen. Meret Bissegger sprichte jede Pflanze in ihrer Umgebung mit Namen an - und sie weiß, was sich daraus Schmackhaftes zaubern lässt. Die Melde zum Bespiel ist schmackhafter als Spinat und so manches Kraut, was leichtfertig als "Unkraut" bezeichnet wird, erfährt bei Bissegger kulinarische Weihen. Ihr Buch vereint Kräuterkunde und leckere Rezepte. Die Fotos sind nicht im Studio entstanden, sondern in Bisseggers Casa Merogusto in Malvaglia (Tessin).
Ein weiteres Highlight des Frühjahrs war für mich "For the Love of Food" des Iren Dennis Cotter, der in Cork das Café Paradiso betreibt. Seine regionale Küche fand ich schon bei einem Essen in seinem Restaurant absolut überzeugend. Eine Freundin vergnügte sich dort mit einem Rote-Bete-Risotto mit Ziegenkäse, das auf meiner Zunge nachhaltig Eindruck erzeugte. Phantastisch. In seinem Buch erklärt er, wie man das Risotto so leuchtend rot hinbekommt. Die Rezepte insgesamt raffiniert und inspirierend, gleichzeitig aber einfach nachzukochen als beispielsweise Rezepte aus dem Restaurant "Terre à Terre".
"Taste of the Unexpected" von River-Cottage-Chef-Gärtner Mark Diacono hatte ebenfalls schnell einen Platz in meinem Kochbuch-Herz. Zwar geht es nicht in erster Linie um Rezepte,sondern vielmehr um ungewöhnliche Gäste in unseren Gärten. Ein schönes Plädoyer für mehr Artenvielfalt abseits dessen, was die Gartencenter anbieten. Denn Salatsämereien wie Mizuna und Mibuna findet man momentan allenfalls in "Asiatischen Blattsalatmischungen".
Im Sommer kam das von mir herbeigesehnte "The Food of Spain" einer meiner Lieblingsautorinnen und Grande Dame der Kochbücher heraus: Claudia Roden. Ein wuchtiges Werk, bei Roden wie gewohnt sehr gründlich vorgeht: Auf den ersten 122 Seiten des über 600 Seiten dicken Wälzers geht es um die historischen Einflüsse, die die heutige spanische Küche ausmachen. Da kommen keltische, römische und jüdische Einflüsse zur Sprache, aber auch der Einfluss von Aristokratie, Klöstern und Bauern auf die Küche wird aufgeschlüsselt. Und natürlich bekommen auch unterschiedlichen Regionen ihr Portrait. Das Buch begeisterte auch Ferran Adria, der auf dem Cover zitiert wird: "This excellent book reflects all of Spain's richness." Ein großer Wurf!
"A History of English Food" von Clarissa Dickson Wright bescherte mir viel Lesevergnügen, auch wenn ich immer noch nicht durch bin mit dem Buch. Kein Kochbuch, sondern wie der Titel auch verspricht, eine Abhandlung über die Geschichte der englischen Küche. Clarissa Dickson Wright schreibt mit Witz und sehr unterhaltsam. Wer die "Fat Lady" noch nicht kennt, dem lege ich dieses Radio-Interview der BBC Desert Island Discs ans Herz. Sie erklärt dort auch, warum das Verprassen ihres nicht unbeträchtlichen Erbes sein Gutes hatte ...
Das River Cottage Meat Book ist zwar für mich in Sachen Fleisch ziemlich unerreichbar, doch ein Buch hat es in meine Topliste für dieses Jahr geschafft: "The Ginger Pig Meat Book". The Ginger Pig ist eine Metzgerei mitten in London, genauer gesagt in Marylbone, gleich neben dem beeindruckenden Käseladen "La Fromagerie". Dort kann man Zerleg- und Wurstkurse buchen und natürlich qualitativ hochwertiges Fleisch kaufen. Das Buch zeigt die unterschiedlichen Cuts von Schaf, Rind, Kalb und Schwein, erklärt, woran man welches Fleisch erkennt, klärt über das Reifen von Fleisch ("Aging") auf und gibt einen Überblick über verschiedene Rinder- und Schweinerassen. Dazu gibt es einen Wildkalender und sehr viele, nach Monaten geordnete Rezepte. Vorweg wird jeweils erklärt, was im betreffenden Monat in der Viehzucht alles auf der Tagesordnung steht. Das vermittelt auch beim Fleisch Saisonalität - zumindest in der traditionellen Viehzucht.
"The Modern Pantry" von Anna Hansen war anders, als ich vom Titel erwartet hatte. The Modern Pantry ist ein Restaurant in London. Cosmopolitin Anna Hansen betreibt dort eine tolle Fusion-Küche. Als ich ihre Rezepte durchlas kam mir sofort Peter Gordon in den Sinn. Erst jetzt, als ich mir für diesen kurzen Review ihr Vorwort las, finde ich heraus, dass Anna Hansen selbst über Gordon sagt: "His impact on my development as a chef was vast. He taught me to experiment and not to be afraid to try what then seemed to me outlandish combinations. He impressed on me the importance of keeping a completely open mind - a lesson to which I attribute my creativity." Demnächst gibt es ein Rezept aus dem Buch.
Ich hatte mir nicht allzu viel erwartet, obwohl ich ein River-Cottage-Enthusiast bin: Doch "River Cottage Everyday Veg" überzeugte mich sehr und inspirierte mich gleich zum Nachkochen einiger Rezepte. Und ich ärgere mich noch heute, dass ich nicht eine Woche später auf der Farm war, denn dann hätte ich einen winzigen Beitrag beim Styling der Gerichte leisten können. Das wäre sicher interessant gewesen. Aber da war ich dann schon im River Café ...
Ganz bezaubernd bereicherte "The Vintage Tea Party" meine Kochbuchbibliothek gegen Ende des Jahres. Wie ein Buch vergangener Zeiten kommt es daher, obwohl es doch sehr modern layoutet wurde. Die Vintage-Hosting-Firma bietet Tea-Partys wie annodazumal an. Was alles dazugehört, von der perfekten Einladung, über die Location (bevorzugt zuhause!) bis über die richtigen Rezepte und Gäste - das alles findet man in dem Buch auf äußerst charmante Weise präsentiert. Da fühlt man sich fast in ein Szenario aus "Cranford" oder eines Jane Austen-Romans versetzt.
Mit Spannung habe ich "Made in Sicily" von Giorgio Locatelli erwartet. Mit 424 Seiten knapp 200 Seiten dünner als der Vorgänger "Made in Italy", dafür als Hardcover-Version. Ich habe mich gefragt: Kann man dem Bestseller noch eins draufsetzen? Wiederholt er sich da nicht ständig selbst? Nein. Selbst bei den geschichtlichen Episoden bezieht Locatelli alles streng auf Sizilien. Das gesamte Buch hat mehr Localkolorit, was nicht zuletzt an vielen atmosphärischen Landschafts- und Marktfotos liegt. Dafür kommen die Rezept-Fotos etwas kürzer als in Locatellis Erstlingswerk. Mehr Lokalkolorit heißt im Umkehrschluss: weniger Restaurant-Küche, dafür mehr ländliche Küche, die mit wenigen Zutaten auskommt. Die Zutatenlisten lesen sich äußerst entspannt, Pecorino und Ricotta kommen häufig zum Einsatz und natürlich liegt ein großer Schwerpunkt auf Pasta, Couscous, Fisch und Gemüse. Wer ließe sich das nicht gefallen?
Meine Sehnsucht nach dem Leben auf dem Land befriedigte ein Winterkochbuch: "Winter on the Farm - Heartwarming food for the cold months" des Australiers Matthew Evans. Nebelig-frostige Landschaftsaufnahmen sorgten bei mir für angenehmes Frösteln, der freundliche Schneemann grinste mich so freundlich an, dass ich Lust auf Schneeballschlachten und anschließenden "Whisky Hot Toddy" bekam. Die Rezepte: Deftig und bodenständig. "Date and banana porridge" muss man schon mögen, doch spätestens "Not your ordinary meatloaf" bringt alle nach getaner Arbeit an einen Tisch. Ansonsten wird geschmort, was das Zeug hält. Und das ist gut so. Zwar kommt kaum ein saisonales Kochbuch gänzlich ohne andere Produkte heutzutage aus, doch es sei erwähnt: Evans verwendet gelegentlich Gemüse und Obst, das eigentlich keine Saison hat. Nicht einmal im Australischen Winter ...
Last but not least hätte ich mit "Barrafina" fast noch ein weiteres Spanien-Kochbuch in meine Bestenliste mit aufgenommen. Es gefällt mir sehr gut - allerdings wäre es das 2. Spanienkochbuch in meiner Auswahl und dann auch noch ein Buch das aus einem Londoner Restaurant kommt. Ich habe mich dann doch umentschieden: Meine Wahl fällt auf Luke Nguyens "Indochine - Baguettes and bánh mì: finding France in Vietnam". Das Buch ist wunderschön gemacht, reich an Geschichtlichem und Kulinarischem und sehr ausführlichen Rezepten. Dass man schon einen guten Asialaden in der Nähe haben sollte, versteht sich von selbst, wenn man die vietnamesischen Rezepte nachkochen möchten.
Das war meine sehr subjektive Liste mit Kochbuch-Highlights des hinter uns liegenden Jahres. Mal wieder gab es kaum deutsche Bücher, die mich vom Hocker gehauen haben. Es gab schon einige nette Bücher, doch das waren meist Übersetzungen englischer Bücher.
Wie immer auch der Hinweis: Viele Bücher sind bei amazon.co.uk deutlich günstiger, selbst wenn man das Porto mit einrechnet. Versendet wird trotzdem meist aus deutschen Versandcentren. Ich habe allerdings auch beobachtet, dass die deutschen Preise für fremdsprachige Bücher stark schwanken und man von Zeit zu Zeit günstiger bei amazon.de einkauft. Bei fremdsprachigen Kochbüchern ist amazon weiterhin für mich erste Wahl - da kann leider kein Buchladen mithalten.
Und hier noch einmal alle Bücher im Überblick mit den Amazon.de-Links
Meine Wilde Pflanzenküche von Meret Bissegger
Indochine - Baguettes and bánh mì: finding France in Vietnam von Luke Ngyuen
Winter on the Farm - Heartwarming food for the cold months von Matthew Evans
Made in Sicily von Giorgio Locatelli
The Vintage Tea Party von Angel Adoree
River Cottage Everyday Veg von Hugh Fearnley-Whittingstall
The Modern Pantry von Anna Hansen
The Food of Spain von Claudia Roden
A History of English Food von Clarissa Dickson-Wright
The Ginger Pig Meat Book
Taste of the Unexpected von Mark Diacono
For the Love of Food von Dennis Cotter
10 Kommentare
Danke für die schöne Uebersicht! Ich liebäugle mit zwei Büchern. Ob du herausfindest welche? ;-)
Oh, was eine verführerische Auflistung!
Kannst dus mir noch etwas einfacher machen und mir den Liebling der Lieblinge benennen?
@Claudia, ein Treffer! The Food of Spain stimmt, war ja auch einfach. ;-) Das zweite ist Made in Sicily.
Ich bin auf der Suche nach DEM einen Kochbuch für die indische Küche. Hast du vielleicht einen Tip für mich? :)
Bin vor kurzem auf deinen Blog gestoßen und bin begeistert. Endlich ein Kochblog ganz nach meinem Geschmack. ;)
@zorra: Und ich habe noch geschwankt wegen der einfachen ländlichen Küche bei Locatelli, die ja auch wunderbar in Deine Region passt ... habe mich dann für die Nostalgie entschieden ;)
@Teresa: Ich persönlich mag die Bücher von Madhur Jaffrey sehr gern. Ihre Indien- und Curry-Bücher sind Dauerbrenner und teilweise auch ins Deutsche übersetzt.
@Micha: Nö, Liebling der Lieblinge gibt es immer mal wieder temporär. Ich hatte ja schon Schwierigkeiten, mich auf 12 Bücher zu beschränken ;) Momentan finde ich The Modern Pantry und The Vintage Tea Party Book sehr toll. Aber das sind immer Momentaufnahmen.
Vielen Dank für diese schöne Kochbuch-Bestenliste! Immer wieder spannend. Englischsprachige Kochbücher habe ich überhaupt keine, ich habe da doch etwas Bedenken, dass meine Englischkenntnisse für die Küchenbegriffe nicht ausreichen. Aber insbesondere Made in Sicily hört sich sehr gut an!
Viele Grüße und schöner Tag noch,
Juliane
Danke für die Zusammenfassung, sind echt interessante Kochbücher dabei. Eine Kollegin hat mir gerade von einem "Kochbuch für Kochmuffel und Smartphone-User" erzählt, siehe http://beta-lab.at/blog/2012/01/03/kleine-erfolgsgeschichte-vom-hochzeitsgeschenk-zum-kochbook-2-0-auf-amazon/
Vielen Dank für diese wunderbare Kochbuch-Auflistung! Das "Meine Wilde Pflanzenküche" hat uns ganz begeistert.
Cheers:)
Judit und Corina
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