Ballymaloe Cookery School: Woche 9
Von Claudia am Jun 28, 2010 | In Alltagsküche, Landleben, Kochschulen
Woche 9 in der Ballymaloe Cookery School war recht spannend und anspruchsvoll. Was mir natürlich gut gefiel.
Zunächst einmal war Woche 9 für mich die "Blätterteig-Woche": Ich habe Blätterteig hergestellt. Das war nun für mich kein absolutes Novum, weil ich ihn zu Hause auch schon gemacht hatte. Damals beschloss ich, dass das der erste und letzte Versuch war ... Zwar war der Versuch von Erfolg gekrönt, dennoch fand ich den Aufwand im Verhältnis zum Ergebnis eindeutig zu groß.
Der Unterschied in einer großen Küchen: Man hat den Platz, um ein großes Marmorbrett aufzustellen. Man kann ein ganzen Backblech mit dem Teig in den Kühlraum stellen. Man kann rumsauen und ist beim Saubermachen nicht allein.
Der große Nachteil bei der Blätterteig-Herstellung in einer Küche mit Kochschülern im Sommer: Es wird nebenbei regulär gekocht, viele Leute öffnen ständig die Kühlraumtür, sodass die Temperatur dort zeitweilig auf bis zu 13,6° C kletterte. Keine gute Vorraussetzung, um Blätterteig herzustellen.
Wir haben aus dem Blätterteig einen Gâteau Pithiviers gemacht. Das ist ein Blätterteigkuchen mit Marzipanfüllung (naja, eine Mandelschmatze-Füllung ohne Bittermandelarom, ergo ohne Marzipangeschmack). Mein Kuchen wurde ganz wunderbar bis zu dem Punkt, wo man den Kuchen unter den Grill stellt zum Karamellisieren. Ich ergriff in dem Moment die Gelegenheit, eine Koch-Lehrerin zum Begutachten an meine Station zu bekommen. Das war eine halbe Minute zu lang und so qualmte es aus dem Ofen. Ich versuchte dann noch, die schwarze Schicht abzukratzen und neu zu karamellisieren, aber der andere Grill hatte als unterlage schiefliegende Backbleche, sodass auch der 2. Versuch schief gehen musste, weil der Grill unregelmäßig karamellisierte. Ich wollte den Grill ja auch nicht nutzen, aber in dem Brüllierbrenner war kaum noch Gas, sodass ich mit dem gar nicht erst anfangen mochte. Nun ja, gelernt: Grill nur benutzen, wenn man ihn gut kennt und auf keinen Fall auch nur eine Sekunde aus den Augen lassen. In der Demonstration gelang das Karamellisieren unter dem Grill übrigens auch nicht so wirklich ... Geschmacklich fand ich den Gateau Pithiviers ohnehin nicht sooo spannend, dass sich der wahnsinnige Aufwand gelohnt hätte. Obwohl die Karamellschicht verbrannte, bekam ich für den Blätterteig die Höchstnote, weil er schön gleich mäßig und sehr hoch aufgegangen war.
Anders war das mit der Zabaglione Semi Freddo, die ich spontan so gut fand, dass ich beschloss, sie als Examensdessert zu nehmen. Auch hier wieder kritisch: In einem Gefrierschrank, der wegen des ständigen Öffnens nur -5°C hat, kann man kein Semi-Freddo in 2 Stunden herstellen. Überhaupt: In Rezepten steht häufig: 5-6 Stunden kalt stellen oder über nacht in den Kühlschrank stellen. Bei uns muss das in warmen Kühl- oder Gefrierschränken in 2 Stunden klappen. Bei dem Semi freddo hatte ich Glück, denn ich konnte den Turbo-Gefrierer ("blast freezer") einer anderen Küche nutzen. Angerichtet wurde das in der heißen Küche schnell schmelzende Halbgefrorene mit dem "Italian Fruit Salad". Was den Salat zum Italiener macht - keine Ahnung. Er war aber eine willkommene Abwechslung in Ballymaloe Sugarland: Der Fruchtcocktail bekommt nämlich nur ein Dressing aus Honig und Zitronensaft und wird nicht in Läuterzucker gebadet.
Ebenfalls lecker in Woche 9: Der Pasta-Tag. Wir haben Pasta gemacht, ich durfte mir für Tortellini sogar die Füllung aussuchen (aus den ausgeteilten Rezepten) und nahm Marcella Hazans Rezept für Tortellini mit Ricotta-Petersilienfüllung. Die Butter-Sahne-Sauce dazu war natürlich sehr feist. In Anlehnung an ein Rezept aus dem River Café rieb ich allerdings noch etwas Zitronenschale hinein. Und bekam für die Tortellini die volle Punktzahl, d.h. Präsentation und Geschmack stimmten.
Immer noch nicht wirklich anfreunden kann ich mich mit den Kuchen. Ein Kuchen war der Walnusskuchen für den Rachel Allen Martha Stewarts "7-Minute Frosting" zubereitete. Das war für den home baker ok, ich finde nachwievor, dass man diese Kuchen in Deutschland höchstens in rustikalen Landhaus-Café servieren kann. Man muss das natürlich etwas relativieren, denn Irland hat mit Kuchen und Torten nicht viel am Hut, exquisite Kreationen sind mir bislang auch in Cork nicht begegnet. Frucht-Pies werden hier gedeckt und mit einfachem Zucker bestreut verkauft. So gesehen wird in der Kochschule Entwicklungshilfe geleistet.
Außerdem in Woche 9: Thomasina Miers, eine ehemalige Schülerin der Ballymaloe Cookery School und spätere Master-Chef-Gewinnerin, schaute vorbei und sagte Guten Tag. Am Samstag leitete sie einen Kurs zum Thema Mexikanisches Essen. Der Kurs beinhaltete vormittags und nachmittags jeweils eine Kochvorführung sowie ein Mittagessen. Der Kurs kostete 255 Euro und wir hätten den Kurs für 120 Euro mitmachen können. Wer übrigens die Kochvorführungen besuchen möchte, die wir hier wochentags immer haben, kann für 85 Euro teilnehmen. Man muss allerdings darauf gefasst sein, einen schlechten Platz zu haben. Die ersten Reihen werden schon morgens mit Schreibmappen besetzt. Kann man sich wie am Hotel-Pool vorstellen, wo einige Leute Handtücher auf Liegen legen. Ich muss ja aber Fotos machen und saß bislang immer in der ersten Reihe. Das bewahrt mich außerdem davor, nach dem Mittagessen einzuschlafen.
Zeitlich komme ich eigentlich immer recht gut zurecht, sodass ich immer wieder Aufgaben von der Technique-List erledige. So habe ich ganz sinnfrei eine Sauce Hollandaise zubereitet, damit sie auf der Liste abgehakt wird. Bislang verlangten meine Rezepte keine einzige der angegebenen Saucen - von Mayonnaise abgesehen, die ich jetzt mittlerweile 3 Mal zubereitet habe. Ich habe immer noch einige "Techniken", die ich auch in Woche 10 noch nicht hatte, z.B. Baisers machen oder Lemon Curd herstellen. Auch "Skin and pip Grapes" stand bei mir bislang in keinem Rezept. Dem habe ich abgeholfen, indem selbst gekaufte Trauben mit in die Küche genommen und vor Ort gehäutet habe. In Fruchsalaten sollten man seinen Gästen zuliebe die Weintrauben häuten und entkernen, heißt es. Entkernt wird hier mit Hilfe einer Büroklammer. Ich finde: Halbieren und Kerne gegebenenfalls mit einem Kugelausstecher oder Teelöffel entfernen tun es auch.
Neben 2 Abgängen aus meinem Cottage bislang (eine Frau hat aus psychischen Gründen den Kurs schon vor gut 4 oder 5 Wochen verlassen müssen, eine Mittvierzigerin verließ erst den Kurs, kam dann nach einer Woche zurück, um dann heute endgültig aus dem Cottage auszuziehen und in ein B&B zu gehen), gab es einen Neuzugang (allerdings in einem anderen Cottage): Eine Kanadierin musste den Kurs im vergangenen Jahr aus gesundheitlichlichen Gründen abbrechen und setzte in der selben Woche wieder ein, in der sie den Kurs abbrechen musste. Sie erzählte, dass wir eine äußerst gut gelaunte Darina Allen hätten. Das wäre im vergangenen Jahr völlig anders gewesen. Ich möchte nicht wissen wie das war ...
Woche 10 ist auch schon rum und so langsam heißt es: Ein Ende ist in Sicht. Ich bin froh, wenn der Kurs vorüber ist, auch wenn ich noch gern länger auf der Farm oder irgendwo in Großbritannien bleiben könnte. Nach Hamburg zieht es mich nicht wirklich ... Der große Verdienst des Kurses: Wenn man wie ich auf dem Hof lebt, ergibt sich automatisch eine sehr intensive Zeit. Man muss nicht erst morgens durch den Arbeitsverkehr wühlen oder in überfüllten Bahnen und Bussen "zur Arbeit" fahren. Hier dreht sich alles ums Kochen - von morgens bis abends, auch am Wochenende. So ist man eingebettet in das Leben hier und kann entspannter leben. Ich glaube, das werde ich sehr vermissen. Ersteinmal stehen mir zum jetzige Zeitpunkt aber noch 2 spannende Wochen bevor ...
Mehr zur Ballymaloe Cookery School und Darina Allen
Artikel über Darina Allen in der New York Times
Darina Allen (wikipedia)
Ballymaloe Cookery School - die offizielle Seite
Meine erste Woche in der Cookery School
Die 2. Woche in der Ballymaloe Cookery School
2. Woche, Teil 2
Bericht aus Woche 3
Bericht aus Woche 4
Bericht aus Woche 5
Irish Breakfast
Bericht aus Woche 6
Bericht aus Woche 7
Bericht aus Woche 8
Bericht aus Woche 10
Bericht aus Woche 11 & 12
Das Examen in der Ballymaloe Cookery SchoolRezepte aus der Cookery School
Orangenbutter-Scones
Fork-Biscuits (Anfänger-tauglich)
Rhabarber-Kompott
Französische Apfeltarte
Glutenfreie Muffins mit Himbeeren
Glutenfreie Scones
Irisches Frühstück
Frittierte Schollenfilets - Goujons
Sommersalat mit Gurke, Radieschen, Schwarzkümmel und Feta-Käse
Seeteufel mit Paprika-Butter-Sahne-Sauce
Himbeersorbet
Zabaglione Semi Freddo mit italienischem Fruchtsalat - mein Examens-Dessert!
Lemon CurdBücher zur Ballymaloe Cookery School und zur irischen Küche
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Ballymaloe Bread Book
Forgotten Skills of Cooking (eines meiner Lieblingsbücher - mit allem, was man in der Küche selbst machen kann)
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Irish Traditional Cooking: Over 300 Recipes from Ireland's Heritage
1 Kommentar
Hallo Claudia,
wieder mal ein nettes Lesevergnügen über deine Kochwochen. Die Zabaglione Semi Freddo finde ich, sieht am tollsten aus. Als passionierte Dessert/Kuchenköchin bin ich schrecklich neugierig. Kannst du das Rezept dazu veröffentlichen?
Liebe Grüße von Katja
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