Rustikales Bauernbrot selbst backen
Von Claudia am Jan 6, 2015 | In Brot & Brötchen, Fool for photos, Selbstgemachtes, Landleben, Gut & Günstig
Selbstgebackenes Brot begleitet mich seit ca. Mitte der 80er-Jahre. Schon als Teenager war "Selbermachen" mehr als der Ausdruck einer protestantischen Einstellung. In den letzten Monaten hat sich bei mir ein neuer Liebling eingeschlichen: ein rustikales Bauernbrot mit Sauerteig und Roggenmehl - also ein recht klassisches Mischbrot.
War ich in meiner Anfangszeit des Brotbackens völlig auf den Sauerteigextrakt aus dem Reformhaus fixiert, öffnete sich für mich mit dem massentauglich werdenden Internet in den späten 90ern eine völlig neue, phantastische Welt. Zunächst einmal wurde es durch amazon.com einfacher, an englischsprachige Bücher zu kommen. Und in einer zweiten Welle kamen mit der Demokratisierung der digitalen Kameras – sie wurden endlich auch für Otto-Normal-Verbraucher erschwinglich - wunderbare Bilderwelten von tollen Broten hinzu, deren frischer Duft durch die ISDN-Leitungen zu wabern schien. Mit den Foren, und später den ersten Blogs nahm das Internet brotbacktechnisch an Fahrt auf. Und ich hatte zu Beginn des neuen Jahrtausends bereits den ersten lebendigen Sauerteig bei mir daheim.
Brotbacken verläuft bei mir in Phasen: Es gibt Zeiten, in denen ich unglaublich experimentierfreudig bin und viel Brot backe, dann wieder backe ich nur selten. Im vergangenen Jahr habe ich wieder mehr gebacken, sowohl mit Roggensauerteig als auch mit Weizensauer, den man jetzt ganz trendig auch in Pizzerien als "lievito madre" antrifft.
Doch nach diesem kleinen Exkurs in meine persönliche Brotgeschichte, geht es jetzt zum eigentlichen Brot: In diversen Blogs wurde ein Brot von Eckart Witzigmann nachgebacken. Einen Koch, selbst wenn er auf hohem Niveau kocht, bringt man nicht so leicht mit Brotbacken in Verbindung, aber das Brot schien prima zu sein, wie die Ergebnisse, etwa bei Petra zeigen. Das brachte Brotblogger Lutz auf den Plan. Er fügte – wie schon Petra – Sauerteig hinzu. Auch Malz kam hinzu, das war im ursprünglichen Rezept nicht vorgesehen. Es ist immer wieder schön zu sehen, wie kleine Kniffe das Brot verändern. Ich habe es letztlich nicht freigebacken, sondern im Topf. Seit dem "No-Knead-Bread", das 2006 nach einem New-York-Times-Artikel von Mark Bittman weltweite Kreise zog, bin ich ein großer Fan vom Backen im – Deckel inklusive.
Der Vorteil vom Backen im Topf: Im ersten Viertel der Backzeit bleibt der Topf geschlossen. Dadurch entwickelt sich Dampf und der Teig geht schön auf. Danach nimmt man den Deckel weg und es entwickelt sich eine schöne Kruste. Kein nerviges Sprühen von Wasser in den Ofen, um einen professionellen Brotbackofen zu imitieren.
Was ich allerdings abgeändert habe: Ich habe die Menge des Sauerteigstarters, des sogenannten Anstellguts, abgeändert. Lutz nimmt nur 4 g Anstellgut. Meine Erfahrung mit vielen Rezepten, die den Sauerteig in solch fast homöopathischen Mengen verwenden: Funktioniert bei mir nicht gut. Das liegt vor allem daran, dass ich die sehr präzisen Angaben zu Teigruhen und Temperaturen nicht einhalten kann. Bei mir ist es meist kälter. Ich fahre also recht gut damit, wenn ich statt der von Lutz genommenen 4 g lieber 10 g verwende. Es kommt natürlich nicht nur auf die Temperatur an, sondern auch auf die Beschaffenheit des Sauerteigs. Meinen Sauerteig füttere ich regelmässig, sodass er fein säuerlich vor sich hinblubbert.
Ich gebe Ihnen hier das Rezept für ein kleines Brot. Ich habe allerdings auch schon mehrmals die doppelte Menge im gleichen 4,1-Liter-Marmite-Topf von Le Creuset gebacken. Dabei habe ich den Deckel lediglich 5 Minuten länger drauf gelassen, die restliche Backzeit blieb gleich.
Wer das Brot gern sehr dunkel mag, sollte es eher auf einer höheren Schiene im Ofen backen. Das zweite Brot (über diesem Absatz) habe ich dann einmal auf der untersten Schiene gebacken und hatte ein gut gebräuntes, aber eben nicht sehr dunkles Brot. Es lässt sich also durchaus noch experimentieren.
Das Brot behält in ein Tuch eingeschlagen seine schöne Kruste für rund 2 Tage. Das bekommen Sie bei keinem Brot, dass Sie in einem Backshop kaufen! Frisch bleibt das Brot aber deutlich länger, nämlich bis zu einer Woche. Sauerteig und Roggenmehl sei dank.
Der Brotteig ist übrigens nicht puristisch: Neben Mehl, Hefe, Sauerteig, Wasser und Salz kommen auch noch Puderzucker, Honig und Gerstenmalz sowie etwas Butter hinzu. Das geschmackliche Ergebnis überzeugt, das Rezept ist für den Home-Baker perfekt.
Viel Vergnügen beim Nachbacken!
Literatur
Brot & Brötchen - mein Brotbackbuch von 2006
Brotbackbuch Nr. 1 von Lutz Geißler (Plötzblog)Nützliches zum Brotbacken
Le Creuset Marmite (26 cm, 4,1 Liter) - darin backe ich meine Brote
Gärkörbchen rund, 25 cm Durchmesser von Birkmann
Gärkorb länglich, 25x14,5 cmMehr Brotrezepte
Pane Casalinga - auch eines meiner Lieblingsbrot. Ohne Sauerteig
Fladenbrote aus der Pfanne
Kaisersemmeln
Amy's Crusty Ialian Loaf
Pane Pugliese
Parisian Daily Bread (nach Daniel Leaders Buch "Local Breads"
Hokkaido Milk Loaf - Milchbrot
Mühlenbrot nach Eric Kayser
Fladenbrote mit Za'atar - Manakish
Hier das Rezept für das dunkle, rustikale Bauernbrot: (Menge lässt sich problemlos verdoppeln, lediglich die 1. Backzeit mit Deckel verlängert sich um 5 Minuten)
Roggensauerteig
40 g Roggenmehl 1150
25 ml Wasser
10 g Anstellgut
Hauptteig
Sauerteig (gesamte Menge)
15 g Wasser
5 g Puderzucker
10 g Frischhefe
250 g Weizenmehl 1050
125 g Roggenmehl 1150
250 ml Wasser
1 TL flüssiges Gerstenmalz (bekommt man beispielsweise im Bio-Supermarkt. Alternativ 1/2 Teelöffel Backmalz)
5 g Butter
8 g Honig
9 g Salz
Die Sauerteigzutaten mischen. 16-18 Stunden mit Klarsichtfolie abgedeckt bei Zimmertemperatur reifen lassen.
Am Backtag je die Hälfte des Mehles mit dem gesamten Wasser vermischen und 30 Minuten ruhen lassen.
Hefe, Puderzucker und 15 g Wasser verrühren und 5-10 Minuten stehen lassen. Nicht länger, sonst schäumt die Hefe zu sehr und die soll ja erst im Teig aktiv richtig aktiv werden.
Alle Zutaten vermischen und auf niedrigster Stufe 5 Minuten und auf 2. Stufe 10 Minuten kneten bis ein elastischer Teig entstanden ist, der sich vom Schüsselboden löst. Er klebt aber trotzdem. Per Hand möchte man den nicht unbedingt kneten …
45 Minuten gehen lassen. Auf einer bemehlten Fläche zu einer Kugel formen. Der "Schluss", die Unterseite der Kugel, muss dabei nicht glatt sein. Sie wird später die Oberseite des Brotes und darf hübsch im Ofen aufspringen. 10 Minuten ruhen lassen.
Einen Laib formen und im bemehlten Gärkorb 40-60 Minuten gehen lassen. Alternativ eine Schüssel mit einem bemehlten Küchenhandtuch auslegen.
Einen gusseisernen Topf samt Deckel im Ofen auf 240 °C vorheizen. Achten Sie darauf, dass auf der Griff des Deckels (bei Le Creuset oder Staub) diese Temperatur aushalten. Ich habe den ursprünglichen Griff durch einen aus Edelstahl ersetzt. Insgesamt finde ich das Vorheizen des Topfes, herausnehmen des Topfes und das Hineinkippen des Teigs als schwierigste Phase, weil man im Grunde zwar schnell, aber doch sehr vorsichtig sein muss. Der Topf ist höllisch heiß!
Etwas Mehl in die Form stäuben. Teigkugel hineinlegen oder beherzt aus dem Gärkorb hineinkippen. Ich schneide das Brot dann noch entlang der ohnehin schon vorhandenen Linien ein, damit es nicht zu unkontrolliert einreißt. Dazu nehme ich gern ein scharfes Messer mit Wellenschliff.
Mit dem Deckel bei 240 °C 15 Minuten backen. Deckel entfernen und Ofen auf 220°C herunterschalten. Weitere 30 Minuten backen. Das Brot ist gar, wenn es beim Klopfen auf die Unterseite hohl klingt. Es muss für seine Größe recht leicht sein. Das Brot auskühlen lassen bevor es angeschnitten wird. Ich backe meist abends und schneide es erst am nächsten Morgen an … Ich weiss wohl, dass nicht jeder diese Geduld aufbringt.
12 Kommentare
Das ist die Motivation, die ich brauche, um endlich eigenes Brot zu backen. Jetzt muss ich nur noch Sauerteig züchten. Wie lange dauert das bis ich damit backen kann?
@Nadine: Das kommt darauf an, bei welchen Temperaturen Du ihn ansetzt. Bei mir hat es letztens knapp eine Woche in der nicht beheizten Küche gedauert. Wenn er einmal gut geht ("blubbert") und leicht säuerlich riecht, dann ist er bei regelmäßiger Fütterung immer gebrauchsfertig.
Wow, dein Brot sieht einfach nur perfekt aus. Vielleicht sollte ich endlich mal ein Brot mit Sauerteig backen, wenn man damit so ein perfektes Ergebnis erzielen kann.
LG Melli
Hallo Claudia,
danke für das Rezept! Ich habe meine Brote früher immer selber gebacken, irgendwann habe ich das aus Zeitgründen aufgegeben. Das mir die vom Bäcker aber nicht wirklich gut schmecken, werde ich dein Rezept mal zum Anlass nehmen, wieder mit dem selber backen anzufangen! :-)
Grüße Ralf
Also ehrlich gesagt höre ich es das erste Mal, dass man Brot im Topf backen kann. Das habe ich noch in keinem Haushalt gesehen! Dank für die neuen Ideen!
Carolin
Auf so ein knuspriges Brot hätte ich schon jetzt Lust :)
Brauchbare Rezepte für Brot, gibt es ja nicht gerade viele, danke für dieses ausführliche Rezept. Ich habe recht gute Erfahrungen mit einem Brotbackautomaten gemacht, mit diesen fertigen Brotbackmischungen allerdings auch nicht so toll.
Ich bewundere Ihrer Werk, sieht total köstlich aus!
Guten Morgen,
das Bild macht echt Lust auf so ein tolles Brot und ich will mich gerne gleich an die Arbeit machen.
Aber bitte, was ist "Anstellgut"? Das hab ich jetzt nicht kapiert...
Guten Morgen,
Anstellgut ist der aktive Sauerteig. Den stellt man her, indem man Roggenmehl mit dem gleichen Teil Wasser mischt. Am Anfang sehr wenig, weil der Teig dann - bis er richtig sauer ist und Triebkraft hat - täglich mit der doppelten Menge Roggenmehl und Wasser gefüttert wird.
Backen im Topf, was für eine gute Idee :-)
Das ich da noch nicht selber drauf gekommen bin!
Wie lange ist den so ein Brot in der Regel haltbar, da es ja ohne Zusätze gebacken wird?
Warum ist mein selbstgebackenes Brot immer so krümelig, was mache ich falsch?
Danke für die tolle Anleitung. Nach zahlreichen Fehlschlägen hat es mit dem Brotrezept endlich mal gut geklappt. Und geschmeckt hat es auch vorzüglich.
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