Kochvorführungen auf der internationalen Kochbuchmesse
Von Claudia am Feb 18, 2010 | In News, Foodie-Events
Die Kochshows auf der Kochbuchmesse in Paris waren hochkarätig besetzt. Manchmal geriet man in argen Organisationsstress und musste hin- und herhecheln. Dafür gab es das Beste aus den Küchen der Welt.
Die Demonstrationen fanden auf 2 Bühnen statt: ein Saal für die internationale Küche, einer für die französische Küche. Im Saal der internationalen Küche wurde englisch gesprochen oder gegebenenfalls ins Englische übersetzt. Da man selbst in den ersten Reihen nicht immer unbedingt sehen konnte, was auf der Arbeitsfläche passierte, waren Spiegel über dem Küchenblock angebracht, auf denen man bequem das Kochgeschehen verfolgen konnte.
Auftakt in der frz. Küche machte Michel Troigros, vom Guide Michelin mit 3 Sternen versehen (Aktuelles Buch: L’Italie de Michel Troigros). Da Troigros sehr früh begann, waren nur wenige Leute bei seiner Demonstration anwesend. Alle anderen haben etwas verpasst: Troigros hatte hauchdünne Scheiben von Artischoken und Kartoffeln vakumiert und eingeschweißt vorgegart - "sous vide", wie es im modernen Kochjargon heißt.
Die Scheiben waren dementpsrechend gar, aber im Falle der Artischoken durchaus noch mit Biss. Die Artischokenblätter wurden mit einer Artischoken-Mousse gefüllt, bekamen etwas geriebene Zitronenschale und ein Stück rohe Sardine spendiert. Interessant und apart, für mich aber jenseits von lecker.
Toll war hingegen die Kartoffelravioli mit Kürbismousse und einem wahnsinnig tollen Pesto. Das Basilikum-Pesto bestand im Gegensatz zu den herkömmlichen dicken Pasten mit viel Olivenöl, Knoblauch und Parmesan nur aus Basilikum, Zitronensaft und wenig Olivenöl wie Troigros erklärte. Diese Zubereitung des Pestos garantiert ein Maximum an frischem Kräutergeschmack und eine tolle grüne Farbe. Dazu gab es eine fein aufgeschlagene Buttersauce, bei es wichtig ist, dass die Butter sehr kalt ist und nicht sofort schmilzt, da sonst die sämige Konsistenz nicht erreicht wird.
Großartig war, wie der hochdekorierte Chefkoch nebenbei locker plauderte, dabei aber akribisch genau auf seinem Küchenbrett handwerkte. Drollig zum Schluss allerdings, wie er sich breit grinsend hinstellte und behauptete, das alles habe nicht länger als 10 Minuten gebraucht. Dass die Vorbereitungszeit da nicht mitgerechnet wurde, verschwieg er sicher aus gutem Grund ...
Der nächste Höhepunkt kam aus Norwegen: Geir Skeie erkochte sich den Bocuse d'Or d'Europe und 2009 den Bocuse d'Or mondial. Das Gericht für sein Siegermenü kochte der 29-Jährige ca. 30-40 Mal bevor es für den Wettbewerb ernst wurde. Gezeigt wurde etwas mit Lachs - ich kam etwas später in diese Vorführung, sodass ich den Titel vergaß - unvergesslich aber: Skeie beschwor - wie so viele Köche - eine bestimmte Art Lachs und wies darauf hin, dass er eigentlich nur richtig kochen könne, wenn er auch die richtigen Zutaten habe. So brachte er bespielsweise zum Bocuse-d'-Or-Wettbewerb seine eigenen Zutaten mit. Selbst Sahne sei eben in Frankreich anders als in Norwegen. Um diese Nöte wissen ja auch Foodblogger wenn es um Zutaten wie Creme fraîche, Schmant oder double cream geht. Sein Lachs jedenfalls war lecker, schön fest und aromatisch.
Gleiches galt natürlich auch für den Lachs der Preisträger aus Schweden: Gert Klötzke und Niclas Wahlström (Buch: The Swedish Smörgasbord) bereiteten kleine Lachshäppchen zu, die sehr lecker waren. Und jeder, der einmal minderwertigen Lachs gegessen hat, wird zustimmen: Nur hochwertiger Lachs ist wirklicher Genuss.
Marokkanisches gab es von dem australischen Koch Hassan M'souli, der nicht nur farbig ein Feuerwerk entfachte, sondern auch die ganze Palette orientalischer Gewürze einbrachte.
M'soulis Kreation habe ich leider nicht gekostet ...
Herzlich und bodenständig ging es bei Vefa Alexiadou zu: Sie kocht griechisch (schönes Buch bei phaidon: Vefa's Kitchen, am günstigsten über amazon.co.uk). Sie kocht in Griechenland im TV und im Gespräch erzählte sie mir, dass sie die "Delia Smith of Greece" sei. Bis auf das große Buch bei phaidon verlegt sie alle ihre Bücher im Eigenverlag. Grund dafür: "Wenn Du in einem Verlag bist, dann nehmen sie Dein Buch nach ein paar Jahren aus dem Programm." Einige ihrer Bücher entstanden in den 80er-Jahren, und Vefa verkauft nach eigener Aussage von einigen Exemplaren jedes Jahr noch 22.000 Exemplare. Von ihrer Kochdemonstration bekam ich auch hier nur die Hälfte mit, die Auberginen schmeckten aber sehr lecker.
Im Gespräch mit Vefa - später an ihrem Stand - verifizierte ich auch gleich noch einmal mein Rezept für Dolmadakia (gefüllte Weinblätter): Auch sie kocht die Blätter auf Dill-Stengeln und gießt eine Mischung aus Zitronensaft und wenig Wasser drüber. Beschwert wird das ganze mit einem kleinen Frühstücksteller. Sie schien sich sehr zu freuen, dass die griechische Küche auch außerhalb Griechenlands so viele Fans hat.
Auch eine deutsche sollte auf der Messe etwas zeigen: Annik Wecker (Anniks göttliche Kuchen). Leider verschwand ihr Name wieder schnell vom Zeitplan. Somit gab es an den vier Messetagen keine einzige deutsche Kochvorführung. Schade.
Viel beachtet und mit 2 Kochshows vertreten war Chakall, ein portugiesischer Koch, der vor allem wegen seines extravaganten Auftretens für Aufsehen sorgte. Seine Kochsendungen wurden von Musik begleitet, auf seiner Arbeitsfläche standen neben Brettern auch ein kleiner DJ-Pult.
Chakalls Markenzeichen: ein Turban - täglich wechselnd in farbenfrohen Tönen. Einer seiner Kochshow verfolgte ich, allerdings kommentierte er wenig was er kochte, gab an, alles besonders langsam zu machen, weil er in der Nacht zuvor so wenig Schlaf hatte.
Wer mir leider durch die Lappen ging: Chef Wan, ein malaischer Koch, der auch Gastrokritiker und Autor für einige Magazine ist. Er hat bislang kein Buch veröffentlicht, aber seine Show soll eine wahre Explosion an Kräutern und Aromen gewesen sein.
Genug für heute, morgen geht es weiter mit Teil 2 der Kochshows.
Mehr zur internationalen Kochbuchmesse in Paris
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17 Kommentare
interesannte einblicke, danke. troisgros und die griechische grande dame hätten mich auch interessiert.
Obwohl auch eingeladen, hatte es für mich mit dem Messebesuch leider nicht geklappt. Schön, auf diese Weise nachträglich so viel mitzubekommen. Danke für Fotos und Bericht!
wie hat Troisgros die Kartoffelravioli gegart ? Gebraten sehen sie nicht aus.
@katha: Ja, Troigros war sehr klasse, es kommen aber noch andere Highlights ...
@multikulinaria: "Nur" für die Berichterstattung hätte sich die Messe sicher nicht gelohnt. Dafür ist der finanzielle Aufwand zu groß.
@lamiacucina: Die hauchdünnen Kartoffelscheiben wurden ja "sous vide" vorgegart, die Kürbisfüllung muss auch vorgegart gewesen sein (die Herstellung wurde nicht näher erläutert). Die fertigen Ravioli wurden dann nicht mehr weiter gegart.
Das war sicher äußerst beeindruckend.
Maximal wäre als fremdsprachiges Kochbuch nur eines in englischer Sprache möglich.
In die Bücher des Franzosens, Schwedens und des Norwegers würde ich egrn mal schauen.
Zu den Kartoffeln kann ich mir gut vorstellen, dass sie ohne weiteres gut durch die Stärke zusmmenhalten. Das kennt mn ja von gekochten Kartoffelscheiben.
Gemüse habe ich bislang noch nie Sous-vide gegart,
weißt du zufällig wie lange er die Scheiben im Wasserbad hatte. Die Ravioli sehen wirklich unglaublich schön aus.
@Suse: Nein, wie lange die Scheiben im Wasserbad waren, weiß ich nicht. Troigros sagte etwas von "kurz", weil die Scheiben ja wirklich hauchdünn waren.
Interessante, vor allem vielfältige Handschriften, die sich hier zeigen.
Der Hammerwahn ist dein Bericht und die Fotos, obersuper, megageil, wie Teenager vielleicht sagen würden, so das Thema sie interessierte.
Beim Bild von oben fürchtete ich, bis ich von den Spiegeln las, Zuschauer-Gesabber in den Pfannen.
Ich starre seit 5 Minuten die Kartoffelravioli an und kann es nicht fassen, weil ich nicht verstanden habe, wie da die Füllung reinkommt. Die sind das Highlight des Berichtes!
@SchnickSchnackSchnuck: Ja, so viele Köche, so viele unterschiedliche Schulen ...
@Erich: Danke :-)
@Thomas: Vielleicht hilft das Bild weiter? Die werden ganze normal mit einem Spritzbeutel gefüllt - natürlich mit absoluter Präzision.
Vielen Dank für das Foto!
Solche Spezialfälle sind ganz meins. Ich versuche das mal im Kopf nachzukochen.
Sind das Kartoffelscheiben oder ist das ein hauchdünn gewalzter Kartoffelteig. Dann mit Spritze daraufspritzen und zusammenklappen?
Sieht jedenfalls nach einer tollen Vorspeise aus. So kleine Kartoffelspiegeleier.
Das sind sehr dünne Kartoffelscheiben. Eingeschweißt und "sous vide" gegart. Da ja auch die Kürbisfüllung vorgegart sein muss, entfällt dann das Garziehen wie bei Ravioli aus Nudelteig.
Herzlichen Dank für die Erklärung. Jetzt habe ich es richtig verstanden.
Da wäre ich gerne dabei gewesen... Toller Beitrag - super Bilder!
Ah ja, verstanden. Danke.
Das werd ich mal auf meine to-test-Liste setzen
Mich würde sehr interessieren, wie das Pesto, also nur aus Zitronensaft Basilikum und Olivenöl, zubereitet wird. Hat schon mal jemand versucht solch ein Pesto nachzukochen?
Gruß Dimitrij
Hallo Claudia!
Eine kleine Anmerkung habe ich zu Deinem tollen Bericht:
Chef Wan aus Malaysia hat bereits mehrere Kochbücher veröffentlicht! Allerdings kann man sie meines Wissens nach in Europa selbst über Amazon nicht bestellen.
Hier findest Du ein Video, das ich von Chef Wans Kochshow am Gourmand Stand auf der Londoner Buchmesse (April 2010) gemacht habe:
http://www.gourmand-magazine.com/london-book-fair-2010/
Viele Grüße
Olaf
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