Kulinarische Fundstücke der Woche
By Claudia on Apr 7, 2013 | In Fundstücke, Rezensionen, News
Hier wieder die kulinarischen Fundstücke der Woche:
Kürzlich war ich in der Westschweiz unterwegs. Ich übernachte viel lieber in Bed & Breakfast-Unterkünften. Sie sind persönlicher und bieten immer auch Kontakt in dem fremden Ort. Bei dem B&B weiß man ja nie so richtig, was einen erwartet, aber ich habe sowohl in Lausanne als auch in Lucens echte Volltreffer gelandet. Die besten B&Bs sind diejenigen, bei denen die Besitzer selbst gern auf diese Weise übernachten. So auch in Lausanne, wo mir die Betreiberin erzählte, dass sie sich über Jahre hinweg Anregungen geholt hat auf der ganzen Welt. Die Wohnung der Familie ist sehr geräumig, die Zimmer groß und hell. Ich kam abends um 20 Uhr dort an. Mir wurde gleich eine Kanne Tee angeboten, dazu gab es noch ein kleines Schälchen geröstete Nüsse. Ein absoluter Traum war das Frühstück: Das selbstgemachte Müesli war genau wie es sein sollte, dazu frische Croissants, Marmelade, Käse und ein selbstgemachter Eisalat.
In Lucens traf ich auf Camilla und William Swats, die das große Haus in liebevoller Kleinarbeit umgebaut und renoviert haben. Das Frühstück bestand aus 4 verschiedenen, hausgemachten Konfitüren, frischer Milch aus der örtlichen Molkerei (nicht homogenisiert und lose abgefüllt), 2 Sorten Rohmilchkäse, Brot und Gipfeln (Schweizer Croissants, aber weniger fettig). Dazu Rührei mit Speck - und zwar wie es sein soll und nicht dieser gebratene Murks, den man in Mittelklasse-Hotels aus dem Chafing-Dish bekommen. Am zweiten Tag hatten der Fotografen-Kollege und ich uns im Supermarkt frische Pizza besorgt. Zufällig hatten die Betreiber des B&B auch gerade Pizza auf dem Speiseplan. Der Holzofen lief auf vollen Touren und so wurde unsere Pizza gleich mitgebacken. Ein toller Aufenthalt!
Beim Thema Fisch gibt es weiterhin keine guten Nachrichten. Egal, was uns das eine oder andere Label erzählt: Mit Nachhaltigkeit hat vieles dort nichts zu tun. Eher damit, den Fischhändlern gelabelte Verkaufsargumente zu geben und dem Konsumenten ein gutes Gewissen, dass der Fisch ja nachhaltig gefischt wurde. Im Grunde aber gibt es nur ein paar wenige Fische, die nicht bedroht sind: Heringe (mit nicht empfohlenen Ausnahmen), Forellen (mit nicht emphohlenen Ausnahmen), Karpfen und afrikanischer Wels (letzterer aus Zucht) - das jedenfalls legt die aktuelle Greenpeace-Liste nahe.
In punkto Restaurants hatte ich ein echtes Highlight, das es nicht alle Tage gibt: Ein Essen im Louis C. Jacob an der Hamburger Elbe. Das Hotel bietet nicht nur wunderschöne Zimmer, auch die Küche von Thomas Martin gehört zum Besten, was einem in der Hansestadt passieren kann. Nachdem Hamburg die Sterne von Cornelia Poletto, Anna Sgroi und Jochen Kempf verloren hat, weil deren Restaurants dicht gemacht wurden, gibt es aber immerhin drei 2-Sterne-Restaurants: Karl-Heinz Hauser auf dem Süllberg, Christoph Rüffer im Hotel Vier-Jahreszeiten und eben Thomas Martin im Hotel Louis C. Jacob.
Der Abend beginnt in der Küche. Eine Rolltreppe führt ins Reich der Köche. Großzügig sieht sie aus. Es wird konzentriert gearbeitet, der Abendservice steht kurz bevor. Ich entdecke auf einem Brotbrett mein Brotschneidemesser. Wieder einmal bewahrheitet sich, was mir mein Eis-Café-Chef vor über 20 Jahren sagte: Profi-Köche haben sehr oft F.-Dick-Messer - nicht jeder Koch nimmt Globalmesser oder andere teure Schneidegeräte. Thomas Martin erklärt unserer Gruppe das Menü für den Abend. Es geht noch kurz in den Eiskeller des Hauses, ein historischer Keller, der in früheren Zeiten wirklich zur Kühlung diente, dann lange in Vergessenheit geriet und erst wieder "entdeckt" wurde, als ein Bagger bei Renovierungsarbeiten in ihn einbrach. Die neu gemauerte Kuppel zeigt deutlich, wo der Bagger in den 90er-Jahren einbrach. Dann ging es ins Restaurant.
Gestartet wurde mit Hummer mit Beurre blanc, Topinambur und Grapefruit. Als Suppengang folgte eine Samtsuppe von Gartenkräutern, dazu ein Hüttenkäsesandwich. Der Hauptgang ein Deichlammrücken mit Thymianjus, dazu Ratatouille und Zitronengnocchi. Das Lamm wie erwartet perfekt, die Sauce zum Niederknien, das Ratatouille ganz fein gewürfelt. Die Zitronengnocchi hätten zahlenmäßig ruhig stärker vertreten sein können. Sagt mein gefräßiges Ich, das bei solchen Delikatessen von einer schwer beherrschbaren Gier gesteuert wird. Das süße Finale dann Variationen von Marjani-Schokolade und Waldbeeren. Ein echter Schokoaldentraum, der schon unter meinem Blick zu schmelzen schien, als leicht säuerlicher Kontrast das cremige Johannisbeer-Sorbet. Manjari ist übrigens eine Schokolade mit Kakao aus Madagaskar, 64% Kakao, meisterhaft zu Schokolade verarbeitet von Valrhona. Das sind die Mahlzeiten, von denen man lange zehrt.
Das Kochbuch der Woche ist für mich das Buch von Trish Deseine "Grande Table, Petite Cuisine" - allein schon wegen der ungewöhnlichen Optik. Und wo ich gleich dabei bin: Auch das Buch "Mes Secrets de Charcutier" von Gilles Verot ist ein Tipp für alle, die der französischen Sprache mächtig sind. Wer einmal richtig in Terrinen schwelgen möchte, ist mit dem Buch gut beraten.
Eine wenig leckere Lektüre war dieser Artikel in der New York Times, der eine kurze Zusammenfassung des Bucher "Salt, Sugar, Fat: How the Food Giants hooked us" ist. Darin wird beschrieben, wie die großen amerikanischen Nahrungsmultis seit Jahrzehnten ihre Produkte optimieren, sodass wie ständig mehr essen. Und sollten wir doch einmal ein schlechtes Gewissen haben, dann schrauben die Food-Giganten an ihren Produkten so lange herum bis wir denken, es sei ja gar nicht so schlimm. Die Erfinder der vorkonfektionierten Lunchboxen, der Lunchables, die in Amerika vollgepackt mit Süßem, Salzigem und Fettigem sind, hat Kinder, die selbst nie so ein Junk-Paket gegessen haben. Ich finde: Das spricht Bände.
Noch ein kleiner Tipp für alle Schweiz-Liebhaber, das die Kulinarik nur kurz streift, aber absolut amüsant ist: 33 Dinge, die man in der Schweiz unbedingt getan haben sollte: Ein teutonischer Selbstversuch. Dort beschreibt der deutsche Journalist Wolfgang Koydl, wie er sich aufmachte, ohne Geld in der Zürcher Bahnhofstrasse eine Luxusuhr zu kaufen, Jodeln zu lernen oder Kühe zu melken. Ganz nebenbei bekommt man viel über die Kultur des Landes mit: Was sind etwa Schwingfeste? Bei dieser Geschichte musste ich besonders lachen, weil "Schwinger" eines der ersten Worte war, mit denen ich in der Schweiz konfrontiert wurde. So viel sei verraten: Mit schmuddeligen Partnertauschklubs hat das Ganze nichts zu tun.
Ein kleiner lustiger Food-Tweet stammt von Frau Elise: "Zitronenkuchen ist auch nur Obst"
Ihnen eine schöne Woche mit ebenfalls vielen kulinarischen Fundstücken!
1 comment
Hört sich alles sher lecker an.
Leider werden die Meere hemmungslos leergefischt. Anstatt irgendeine rarität aus dem Meer auf den Tisch bringen zu wollen, sollte man vielleicht zum örtlichen Fischereiverrein gehen und dort Zuchtfische kaufen. Gibt ja überall gute Anlagen...
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