Molekularküche in der Presse
Von Claudia am Okt 12, 2008 | In Fundstücke, News
Dank eines Hinweises von Oliver, dem ich einige schöne Gastbeiträge zu verdanken habe, wurde ich auf die aktuelle (Oktober-)Ausgabe von Technology Review aufmerksam. Auf dem DVD-Beilieger sollten sich rund 200 Rezept zur Molekularküche befinden. Das Heft musste ich haben, zumal es sich auch um eine Jubiläumsausgabe handelte und zusätzlich alle Ausgaben des Magazins von 2003 bis 2007 als pdf auf DVD dabei waren. Hat sich der Kauf gelohnt?
Der Artikel im Heft stand unter der Fragestellung, ob es demnächst Lachs-Lakritz-Paste und Melonenkaviar aus dem Supermarkt gibt. Eine konkrete Antwort gibt es nicht. Werner Mlodzianowski, Chef vom Technologie Transfer-Zentrum in Bremerhaven (ttz) erklärt aber in dem Blatt, dass der Schlüssel zu einem neuen Massenmarkt wohl eher nicht in dem Wort "molekular" zu finden sei: "Ich glaube, es deute sich an, dass im Zuge der Marktsegmentierung kleine Mittelständler ihrer Nische mit ungeöwhnlichen Produkten finden werden". Sehr schön dazu der Satz: "So könne man beispielsweise die unterschiedlichen Ladungszustände von Polymeren für die Herstellung unterschiedlicher Panaden von Fleisch oder Fisch nutzen."
Das Unternehmen Deutsche See hat schon eine Markrelen-Lardo-Rolle auf den Markt gebracht. Die ist mit einer "Rauchfolie" aus Carrageen versiegelt. Sie soll den Räucherfisch von seinem muffigen Image befreien. Was wohl auch gelingt, weil sich das Produkt gut verkauft.
Auch beim Ernährungsmulti Nestlé wird geforscht. Dort hat man beispielsweise schon Schokoladen ohne Kakao herstellt: "Der Festkörperanteil der Schokolade besteht stattdessen aus sprühgetrockneten Teilchen von Obst oder Gemüse." So lässt sich beispielsweise eine Tomatolade herstellen, die wie Schokolade im Mund schmilzt, aber wie Tomatensauce schmeckt. Das würde ich natürlich gern einmal probieren ...
Was nicht nur dem Autoren des Artikels auffällt: Kaum jemand schert sich um die Zutaten in der Molekularküche. Geißelt man bislang noch Algenzusätze in Zahnpasta und haltbarer Sahne, fragt bei den Molkularköchen keiner nach den Nebenwirkungen. Es scheint, als wäre jegliche Nachfrage beim "Künstler" Frevel angesichts der erstaunlichen Kreationen.
Insgesamt ein lesenswerter Artikel, den es leider nicht ganz im Netz gibt. Die englische Rezeptsammlung auf DVD indes kann man sich sparen. Die gibt es nämlich auch unter Khymos.org als Pdf zum Herunterladen. Sie trägt den Titel "Texture, a hydrocolloid recipe collection". Laut Wikipedia sind Hydrokolloide "eine große Gruppe von Polysacchariden und Proteinen, die in Wasser als Kolloide in Lösung gehen und ein hohes Vermögen zur Gelbildung zeigen." Das umfasst natürlich auch Gelatine, Stärke, Carragen, Pektin und andere geläufige "Texturgeber", wie sie in der normalen Küche schon lange verwendet werden. So finden sich ganz normale Mousse- und Creme-Rezepte in der Sammlung oder auch Anleitungen zur Herstellung von Fruchtgummi. Als "Molekular" würde ich nur wenige Rezepte bezeichnen. Trotzdem eine schöne Zusammenstellung über die einzelnen Texturgeber. Letztlich ist ja auch eine Bayerische Creme ein Produkt des Chemiewissens. Und damit molekular ...
Hier noch einmal der Link zum Herunterladen der Rezept-Sammlung.
2 Kommentare
wenn ich bedenke, welchen Aufwand die pharmazeutische Industrie treiben muss, um ein neues Medikament über die behördlichen Hürden zu bringen, verwundert mich schon, wie locker neue chemische Hilfsstoffe als "Lebensmittel" eingesetzt werden dürfen. Und davon nimmt man viel grössere Mengen, und diese teilweise langzeitlich ein.
Ja, in der Pharmazeutik herrschen Gott sei Dank noch andere Zulassungsprozesse. Gerade bei den Chemikalien, die man noch nicht so lange in der Ernährung verwendet wäre genaues Prüfen sehr zu wünschen.
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