Crème Anglaise - Englische Creme
Von Claudia am Jul 26, 2009 | In Süßes, Klassiker, Saucen
Es hört sich so hochherrschaftlich an, wenn ein Dessert mit einer Crème Anglaise serviert wird. Im Grund ist das aber nichts anderes als eine Vanillesauce. Aber eine ganz feine, die nicht ganz ohne Tücke zuzubereiten ist. Wenn man der aber einmal aus dem Weg gegangen ist, bereitet man seine Vanillesauce nur noch nach diesem Rezept zu und vergisst den ganzen Fertigkrams.
Wer sich in Kochbüchern die Rezepte zur Creme Anglaise durchliest, wundert sich bisweilen: Bei Michel Roux in dem Buch "Desserts - Meine Lieblingsrezepte" ist die englische Creme sehr fest, sodass der Schneebesen auf dem Bild ganz mit der Creme überzogen ist. Ähnlich sehr festem Eischnee bleiben Spitzen in der Schale stehen - fast wie bei einer Mousse au chocolat. Auch schlägt er vor, die Creme zum Filtern durch ein Spitzsieb zu geben, um evtl. Klümpchen zu entfernen. Seine Creme erhitzt Roux auf 80° C. Auf einen Liter Milch verwendet Roux 12 Eigelb und schreibt, dass man eine weniger reichhaltigere Creme auch mit 8 Eigelb auf 1 Liter Flüssigkeit zubereiten kann. Das sei aber die Untergrenze. Mit 250 g Zucker setzt sich Roux locker an die Spitze der süßesten Vanillesauce, während in anderen Rezept meist um die 100 g verwendet werden.
Gordon Ramsay schreibt in "Just Desserts":
Crème anglaise is the ultimate pouring sauce to serve with desserts; it is also the base for classic ice creams.
Seine englische Crème sieht denn auch eher wie eine Sauce aus. Ramsay verwendet ebenfalls sehr viel Ei: 6 Eigelb auf 500 g Flüssigkeit, bei ihm Sahne (bzw. "double cream") und Milch im Verhältnis 50:50.
Food-Journalistin Jenny Linford schreibt in ihrem Buch "From my Mother's Kitchen", dass ein anderer Name für die Creme "Custard" wäre, was von der Konsistenz aber eher unserem Vanillepudding entspricht. Später im Text schreibt aber auch sie etwas von "Sauce". Sie verwendet auf 600 ml Flüssigkeit 6 Eigelb.
In Jamie Olivers "Kochen für Freunde" werden 6 Eier auf 550 Flüsigkeit verwendet. Außerdem ersetzt Jamie Zucker durch Honig und gibt außer Vanille auch noch etwas geriebene Orangenschale dazu. Auch nennt er das Ganze nicht Creme anglaise, sondern Vanille-Creme. Seine Methode unterscheidet sich von den den meisten Spitzenköchen darin, dass er kein Wasserbad verwendet, sondern die Creme einfach in einem Topf auf dem Herd erhitzt. Riskant, aber machbar und auch von mir favorisiert.
Das Prinzip der englischen Creme ist eigentlich einfach: Zucker wird mit Eigelb aufgeschlagen, bis der Zucker gelöst ist. Dann wird zuvor erhitzte, nicht kochende Milch oder ein Milch-Sahne-Gemisch mit Vanille dazugegeben und kräftig weitergerührt. Diese Mischung wird dann wieder in den Topf bzw. ein Wasserbad gegeben und dann so lange gerührt, am besten mit einem Silikonspatel oder Holzlöffel, bis die Creme eindickt und einen Holzlöffel mit Creme überzieht. Anfangs perlt die Mischung nämlich vom Löffel ab und hinterlässt keine Spuren. Die Angaben der einzelnen Kochbuchautoren pendelt um die 80 Grad. Gordon Ramsay und Harald Wohlfahrt (in "Feine Desserts") geben die Temperatur beide mit 82 Grad an, darüber fängt die Creme an zu stocken und hässliche Eiweißklümpchen verderben dann die Textur.
So, genug der Theorie.
Mein Rezept für englische Creme:
300 g Milch
200 g Sahne (1 Becher)
75 g Zucker
5 Eigelb (6 wäre optimal gewesen, aber mit 5 hat's auch geklappt)
1 Vanilleschote
Das Mark der Vanilleschote auskratzen und zusammen mit Milch und Sahne erhitzen, aber nicht kochen. Die Vanilleschote evtl. dazu nutzen, Vanillezucker herzustellen oder zurücklegen und bei Gelegenheit Vanillemilch zubereiten.
Die Eigelb mit dem Zucker aufschlagen bis sich der Zucker gelöst hat. Dann die Milchsahne zu den Eigelb geben und gut rühren. Das Ganze dann zurück in einen Topf geben und so lange erhitzen bis die Creme eindickt und den Rücken eines Holzlöffels überzieht, wenn man den Löffel aus der Sauce nimmt. Das ist in der Regel bei 80-82 Grad der Fall. Auf keinen Fall höher erhitzen, sonst gerinnt die Creme. Es empfiehlt sich, bei der Creme zu bleiben und nicht noch andere Dinge nebenbei zu machen, sonst ist es schnell um die Creme geschehen ...
Die Vanillesauce erhalten lassen und verwenden.
Tipp falls etwas schief geht: Man kann die Creme anglaise noch retten, falls sich doch einmal Klümpchen gebildet haben. Die Sauce komplett zurück in einen Rührbecher geben und mit einem Pürierstab fein pürieren. Anschließend durch ein Spitzsieb geben. Die Konsistenz ist dann zwar nicht perfekt und evtl. schmeckt die Sauce dann ein wenig nach Ei, aber gänzlich missraten ist sie auch nicht.
Die englische Creme ist eine tolle Dessertsauce - so viel besser als fertige Sauce aus dem Kühlregal, 1000 Mal besser als Vanillesauce aus Pulver. Sie dürfen gespannt sein, zu welchem Dessert es diese Sauce gab ...
Update: Die Vanillesauce gab es zu Schnee-Eiern, auch bekannt als "Schnee-Nockerln", "Iles flottantes" oder "Floating Islands". In den Kommentaren wurde auch noch auf Rote Grütze getippt. Passt auch hervorragend.
16 Kommentare
Liebe Claudia, ich tippe auf Aprikosen. Ganz saisonal ...
Liebe Valentina, nein, keine Aprikosen - obwohl - die hätten sicher toll gepasst.
Danke für diesen Querschnitt durch die Kochliteratur zu einer häufig benötigten Grundsauce.
Nach Deiner tollen Beschreibung kann ja nichts mehr schiefgehen und ich werde den Versuch wagen.
Vielen Dank für die Mühe, die Du Dir damit gemacht hast!
Sehr interessant - danke für die ausführliche Beschreibung; ich werde mich auch mal daran versuchen!
Dank dieser Beschreibung werde ich mich auch mal daran wagen.
Noch ein paar Infos für die Crème Anglaise Forscher: Die Verdickung fängt bei 67°C an, die Gerinnung bei 83°C. Ich würde mich ansonsten eher Sorgen machen, wenn die Crème Anglaise nicht nach Ei schmecken würde... :-)
@lamiacucina: Gern geschehen. Finde es sehr spannend, Rezepte miteinander zu vergleichen.
@claudia: War leider auch falsch ;-)
Aber passt natürlich hervorragend ...
@chaosqueen: Hat auch Spaß gemacht!
@Eva: Bin gespannt!
@kitchenroach: Nur Mut, geht bestimmt nicht schief.
@Véronique: Danke für den Hinweis. Wenn man die Creme selbst macht merkt man beim Erhitzen, wie die Creme langsam eindickt. Danke für die Temperaturbestimmung von 67 Grad! Wichtig ist aber natürlich die maximale Temperatur. Deshalb empfehlen Wohlfahrt und Co. wohl 82 Grad.
Das ist ja sehr interessant.Schön geschrieben, danke für diese Infos.Bin schon mal gespannt, was davon ausgehen wird.Danke.
Hallo claudia!
Bei deiner Beschreibung zur Herstellung (übrigens ganz angenehm einfach zu lesen und nachzuvollziehen!) musste ich sofort an die vielen Male denken, die ich in meinem vergangenen Kochleben Sauce Hollandaise schlagen musste. Mal sehen, ob ich noch genügend Schwung im Handgelenk habe, will die Soße/Creme gern mal selbst ausprobieren. Allerdings halte ich das Wasserbad schon für sinnvoller gerade für Ungeübte! Übrigens gibt es bei unsem ortsansässigen Eis-Italiener eine total leckere Sorte Eis mit dem schönen Namen Zuppa inglese - schmeckt auch kräftig nach Ei und enthält kleine Schoko-Knusper-Kügelchen! Liebe Grüße!
Dieses Rezept habe ich vergangene Weihnachten ausprobiert - zu warmem Apfelstrudel. Diese Vanillesoße ist wirklich ein Gedicht!
Hallo Claudia,
auf der Suche nach einem Rezept nach Vanillesauce bin ich auf deinen Beitrag gestoßen. Hat perfekt geklappt und sehr gut geschmeckt. Danke für die Zusammenfassung und das Rezept!
Sarah
Hi alles zusammen. Wozu benutzt ihr die Vanillesauce? Welches Gericht passt am besten dazu? Warte auf Feedbacks.
Hallo,
auch, wenn der Beitrag schon so lange her ist, interessiert es vllt. Leser.
Auf der Suche nach mehr Informationen über die Creme bin ich nämlich auch hier gelandet und war zunächst verwirrt.
Die Creme von Michel Roux wird nicht so dick. Auf dem Bild ist die Chantilly Sahne zu sehen. Seine Creme Anglaise hat eine Konsistenz wie man es eben von der Vanillesoße kennt.
Viele Grüße
Wunderbares Rezept...ausgezeichnet beschrieben bzw.erklärt.
Passt hervorragend zum warmem Apfelkuchen.oder.Kirschstreuselkuchen. vielen Dank dafür!
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