Italien: Die Vecchia Scuola Bolognese in Bologna
Von Claudia am Nov 29, 2012 | In News, Pasta, Tipps & Tricks, Kochschulen
Highlight der Italien-Reise im Oktober war die Vecchia Scuola Bolognese in Bologna. In der Kochschule der Italienerin Alessandra Spisni lernt man die traditionelle Art Bologneser Pasta herzustellen.
Bologna gehört geographisch zum Norden Italiens. Der Unterschied zwischen Nord- und Südpasta ist die Verwendung von Eiern. Im Norden werden traditionell Eier im Pastateig verwendet. In Bologna pfeiffen Traditionalisten auf Pastamaschinen zum Auswallen des Teigs und machen es zu einer anstrengenden Sache. Und auch bei der Herstellung des Teigs ist viel Geduld erforderlich.
Wir werden kurz begrüßt, legen unsere Schürzen an und dann geht es auch schon los. Unsere Reiseführerin übersetzt, denn auch wenn man angeblich in der Schule auch englisch spricht, ist das Sprachniveau irgendwo am Beginn von A1. Als ich einmal frage, ob man den Teig beim Kneten jeweils um eine Viertelstunde dreht ("Do you give it a quater turn when kneading?"), bekomme ich nach einem fragenden Blick zur Antwort: "Yeah, mix it."
Aber wir fangen ja erst an. Jeder wiegt 400 g Mehl, Tipo 00. Das ist ein besonders feines und kleberreiches Mehl. In italienischen Supermärken ist es das Standardmehl wie in Deutschland das Mehl Type 405. Das 00-Mehl soll mehr Gluten, also Klebereiweiss haben und so zu elastischeren Teigen führen. Rein vom Vergleich der Packungen lässt sich leider so überhaupt nichts zum Glutengehalt sagen. Der Proteingehalt allein sagt noch nichts über die Menge des Klebereiweisses aus. Aber ähnlich wie man Spätzle mit normalem Mehl als auch mit Spätzlemehl machen kann, kann ein Versuch mit deutschem Mehl durchaus von Erfolg gekrönt sein. Also: 400 g Mehl. Kein "Semolina di Grano duro rimaccinato", sprich: Kein Hartweizenmehl, das etwas gröber als herkömmliches Mehl ist, im Grunde wie ein sehr feiner Grieß. Der Teig wie wir ihn herstellen, soll später zu Tagliatelle und Tortellini verarbeitet werden.
Wir geben das Mehl auf eine unbehandelte Holzplatte, die auf den Tischen liegt. Das ist wichtig bei dieser Methode, weil das Holz überschüssige Feuchtigkeit aufsaugt. Wir bauen eine kleine Burg: In die Mitte kommen die Eier, drumherum verhindert der Wall aus Mehl das Auslaufen. Die Eier sind ganz besondere, wie uns XXX erklärt. Sie seien besonders Gelb. Einen Monat später habe ich in einem italienischen Supermarkt genau solche Pasta-Eier gesehen: Sie haben sehr, sehr, gelbe Dotter. Wahrscheinlich durch den Einsatz von Lebensmittelfarbe im Hühnerfutter.
Jeder hat eine normale Essgabel und wir fangen an, die Eier damit zu schlagen. Es soll möglichst viel Luft untergearbeitet werden. Ganz langsam wird dann Mehl untergearbeitet. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, aber ich mag das. Hat etwas Meditatives. Irgendwann wird es dann mühsam den Pastateig mit der Gabel zu bearbeiten. Zeit, mit einer Teigkarte das Brett zu säubern, überschüssiges Mehl zu entfernen. Jetzt wird geknetet. Langsam und nicht zu fest. Wir sollen ja nicht die Luft, die wir so schön eingearbeitet haben, gleich wieder rauspressen.
Der Teig wird immer geschmeidiger und bald klebt nichts mehr an den Fingern oder auf dem Brett. Die Teigkugel hat Handschmeichler-Qualitäten. Auch das Kneten des Teiges nimmt viel Zeit in Anspruch. Irgendwann ist der Maestro dann zufrieden mit meinem Teig und ich kann ihn in einen Plastikbeutel geben. 30 Minuten Teigruhe.
Die Wartezeit verkürzen wir uns mit der Herstellung von der Ricottafüllung für Tortilloni: 1 kg Ricotta, Spinat, Parmesan, Pfeffer, Salz, geriebene Muskatnuss. Ich hatte mir die Zusammensetzung noch gemerkt, ging aber davon aus, dass das später eh in den Kursunterlagen steht. Aber ich hatte vergessen, dass wir ja in Italien sind ;) Kursunterlagen (= irgendwas Schriftliches) gab es nicht.
Die Fleischfüllung für die Tortellini war bereits fertig. Dort verriet man uns auch gar nicht erst das Rezept. Auf Nachfrage, was denn da drin sei, bekam ich erst die Antwort "Porc", dann auf weiteres Nachfragen: Mortadella, Schweinefleisch und Speck. Alles sehr fein durch den Wolf gedreht.
Jetzt geht es ans Ausrollen. Die Teighölzer sind ca. 80-100 cm lang. Der Trick beim Ausrollen: Man rollt nicht immer den ganzen Teig, sondern immer nur von der Mitte aus. Das ist effektiver und kostet weniger Kraft. Man dreht - wie auch sonst beim Backen - den Teig und nicht den Körper, indem man versucht, den Teig in möglichst viele Richtungen auszurollen. Also: Immer schön den Teig drehen.
Als der Teig dünn genug war und überhaupt nicht mehr klebte, wurde er in kleine Quadrate geschnitten. Größere Quadrate wurden zu Tortelloni, kleinere zu Tortellini. Wichtig hierbei: Der Teig trocknet schnell aus, sodass er mit einem Blumensprüher befeuchtet wurde.
Weiche Füllungen werden mit einem Spritzbeutel aufgetragen, dickere Füllungen wie die Fleischfüllung für die Tortellini zupft man per Hand auseinander und gibt immer etwas auf jedes kleine Quadrat.
Bis aus den gefüllten Teigquadraten so etwas wie ein Tortelloni werden, die man auch einwandfrei als solche identifizieren kann, ist einige Übung notwendig.
Mit ein paar Teigquadraten spiele ich rum: Ich lasse mir zeigen, wie man Farfalle macht und wie Garganelli al pettine macht. Das sind kleine, hohle Nudeln, die wie einige Penne "rigate" also geriffelt sind. "Pettine" ist das spezielle, geriffelte Brett. Man legt das Teigquadrat über den Holzstab und rollt ihn über das Brett. Fertig ist ein Gaganello.
Dann ist es irgendwann auch schon nach 13 Uhr und so langsam meldet sich der hungrige Magen. Unten in der Küche werden unsere Kunstwerke verarbeitet: Tagliatelle mit Ragu, Tortellini in Brodo (in Brühe), die Tortelloni gibts leicht geschwenkt in einer Tomatensauce. Die neuen Kochschulräumlichkeiten bieten Platz für ein Restaurant im Untergeschoss - ein bereits sehr beliebter Mittagstisch. Alles, was die Pasta-Schüler an schönen Exemplaren fabrizieren, wird unten von Köchen für den Mittagstisch verarbeitet - ein cleveres Konzept!
Ein toller Einblick in eine recht angesehene Pastaschule, die vor allem auch deshalb bekannt ist, weil Alessandra Spisni häufig als Köchin im Fernsehen zu sehen ist. Und ich möchte jetzt mehr lernen ...
Links zum Thema
La Vecchia Scuola Bolognese (Webseite der Schule)
La maestra di cucina. È facile cucinare benissimo se sai come farlo (Kochbuch von Alessandra Spisni (ital.))
Ricette de La Vecchia Scuola Bolognese (Rezepte der Vecchia Scuola Bolognese, ital.)
Disclosure: Diese Pressereise wurde vom italienischen Tourismusverband, genauergesagt von den Regionen Lombardei, Emilia-Romagna und dem Veneto veranstaltet. Anlass war unter anderem der Rückgang des Tourismus nach dem Erdbeben im Mai 2012. Der Artikel gibt meine eigenen Eindrücke und Erfahrungen wieder. Ich habe für das Schreiben des Artikels kein Geld erhalten.
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