Ballymaloe Cookery School - Woche 11 & 12
Von Claudia am Jul 13, 2010 | In News
Gegen Ende des 12-wöchigen Certificate Kurses in der Ballymaloe Cookery School zog das Tempo noch einmal an.
Die Rezepte wurden zwar nicht unbedingt schwieriger, dafür gab es aber immer noch das eine oder andere Gemüse zu garen. Das sollte unsere Multitasking-Fähigkeiten schulen. Gar nicht so einfach ein paar Bohnen zu kochen, während man gerade im Nebenraum den Blätterteig malträtierte. Der Blätterteig geht mir mittlerweile ins Blut über - ich empfinde ihn nicht einmal mehr als schwierig. Was nicht heißt, dass ich zurück in Hamburg Blätterteig nur noch selbst machen werde. Es ist nämlich schon ein großer Unterschied, ob man eine gut 50 cm große Marmorplatte hat, die man in den Kühlraum stellen kann oder ob man einen haushaltsüblichen Kühlschrank hat, der noch nicht einmal das normale Schneidebrett aufnehmen kann. Auch würde das Ausrollen auf 40 cm meine Arbeitsplatte in Frage stellen oder ich müsste mich ziemlich verrenken. Die kühle Marmorplatte erwies sich bei der Hitze in den Küchen wirklich als ideal. Wer ernsthaft - auch bei höheren Temperaturen - Blätterteig machen möchte, sollte sich überlegen, eine dünne Marmorplatte anzuschaffen, deren Abmessungen es ermöglichen, sie auch wirklich im Kühlschrank vorzukühlen.
Für den Blätterteig gab es eine Retro-Verwendung: Vol au Vent. Runde, eckige oder ovale Blätterteigstücke, aus denen man schon vor dem Backen leicht vorzeichnet, wo später ein Deckel herauszuschneiden ist. Nach dem Backen werden die weichen, teigigen Schichten vorsichtig herausgekratzt, damit nur noch Knusperblätterteig übrig bleibt. Gefüllt wurden diese Vol au Vent mit Apfelkompott. Auf die gefüllten Blätterteig-Kisten kam dann wieder der ausgeschnittene Deckel drauf. Was mir dabei am meisten gefiel: Wer den zusätzlichen Kick suchte, stäubte Puderzucker auf das vorgeritze Muster. Mit einem über der Gasflamme erhitzten Spieß brannte man dann - praktisch wie mit einem Brenneisen - das Muster in den Zucker.
Woche 11 war dann auch die Zeit, in der es endlich einmal nette Kuchen bzw. Torten gab. Die Bisquitböden wurden lecker getränkt und mit Buttercreme oder Ganache gefüllt. Ich bekam den Ballymaloe Chocolate Cake mit kristallisierten Veilchen. Auf die Veilchen verzichtete ich und dekorierte die Schokotorte lieber mit frischen Himbeeren.
Weiteres Back-Highlight: Eine Aprikosentarte mit Frangipane - eine Aprikosen-Tarte mit Mandelmasse. Die war wirklich sehr lecker und kommt in mein Repertoire. Meinem Kochpartner in Woche 11 & 12 hatte ich es zu verdanken, dass ich an 2 Tagen wirklich freie Wahl hatte und so doch mehr backen konnteals zuvor besprochen. Der junge Herr war nämlich an 2 Tagen krank bzw. konnte seinen Allerwertesten nach nächtlichem Alkoholkonsum nicht aus dem Bett bewegen. Es soll im vergangenen Jahr recht viele von der Sorte gegeben haben. Da auch viel häufiger Parties stattfanden hat sie häufig junge Männer morgens unter die Dusche gererrt, wenn die nicht zum Kochen erschienen. In unserem Kurs erschien sie nur einmal im Nachgewand auf einer Party, um dieser ein kurzes Ende zu bereiten. Ich habe es ihr insgeheim gedankt, denn mein Tür ging direkt hinaus zu dem Haus, in dem am meisten gefeiert wurde. Aber die waren ja auch sooo jung ...
Am Mittwoch von Woche 11 dann der "Guest Chef". Das waren in den Vorjahren so illustre Persönlichkeiten wie Claudia Rhoden, Marcella Hazan, Michel Roux oder Hugh Fearnley-Whittingstall. Wir bekamen Barny. Er machte mir deutlich, dass man auch ganz ohne Schneidefähigkeiten und als Alumini der Langsamkeit für mehrere 100 Personen und vor allem Prince Charles catern kann. Als er dann etwas fertig Gebratenes auf das Brett mit der rohen Leber zwischenlagerte fragte ich mich insgeheim, ob hier irgendwo eine versteckte Kamera lief und wir hinterher befragt würden, was bei dieser Kochvorführung alles schief gelaufen war. Das Gebratene wurde dann aber ganz schnell von einer Kochlehrerin woanders hin verfrachtet. Allerdings waren seine Salate deutlich schlanker und sehr schmackhaft.
Teatime am Mittwoch im Ballymaloe House. Das Land-Hotel, das mit seinen Rezepten Pate für die Cookery stand und steht. Vor Ort wurden wir von mehreren Generationen von Allens herumgeführt. Abschließend gab es Tee und Kleingebäck mit Myrtle Allen. Die Gründerin von Ballymaloe House geht auf die 90 zu und steht immer noch jeden Tag sporadisch ein wenig in der Küche. Ich habe 3 Schichten in der Küche gearbeitet - jedesmal war diese alte Dame auch vor Ort. Und sei es, dass sie ein paar kleine Tarteletts verzierte. Sie erzählte sehr rührig ihre Geschichte. Wie sie Ballymaloe House gekauft haben, dass sie nicht kochen konnte, dass ihre Ehemann ihr zeigen musste, wie man Rühreier macht. Später stellte Myrtle Allen fest, dass Rühreier das einzige waren, was ihr Mann kochen konnte. Sehr interessant auch ihre Anekdoten zu Darina Allen, die sich in den 60er-Jahren als "Lady Cook" in Ballymaloe bewarb. Man hatte ihr gesagt, dass sie unbedingt "Lady Cook" schreiben solle, weil sie sonst nur Gemüse kleinschnibbeln würde. Tim Allen, Sohn von Myrtle Allen, gefiel die Bewerbung nicht. "Einen Lady-Cook können wir hier nicht gebrauchen", war sein Kommentar. Dem Beharren Myrtles ist es zu verdanken, dass Darina den Job bekam und wohl seit gut 40 Jahren mit Tim verheiratet ist.
Wieder zurück in der Kochschule, wurde uns gezeigt, wie man Hasen ausweidet und ihnen das Fell über die Ohren zieht. Der Geruch dabei ist nichts für Feinschmeckernasen. Was einen guten Jagdhund ausmacht, demonstrierte uns dann der Jäger. Labrador Benny blieb stoisch so lange sitzen bis Herrchen den Befehl zum Holen des toten Federviehs gab.
Woche 11 war noch einmal ein Highlight in punkto Zutaten: Lobster, Jakobsmuscheln (eher zu Demo-Zwecken, weil sie eigentlich gar keine Saison haben) und Steak. Rind gab es nämlich während der 12 Wochen nur sehr selten. Einmal machten wir Hamburger, ein andernmal gab es Steak & Kidney Pie und Boeuf en daube. Alle anderen Rindergerichte gab es nur in den Kochvorführungen.
Ich machte Steak mit Sauce Bearnaise, dazu ein Kartoffel und Pilzauflauf. Ein weiteres Highlight: Rack of Lamb, das ich selbst noch nicht zubereitet hatte. Ich durfte sägen und die Knochen sehr sauber schaben.
Woche 12 war dann sehr kurz: Der Montag war unser letzter regulärer Tag. Morgens kochen, nachmittags Kochvorführung. Und schon die nicht enden wollenen Hinweise, dass wir am Samstag die Cottages spätestens um 11 Uhr geräumt haben müssen. So lag über der gesamten Woche so etwas wie Abreisestimmung. Dienstagvormittag dann die letzte Kochvorführung, bei der Rory O'Connell noch einmal zur Höchstform auflief. Es gab Austern mit Champagner Sauce und endlich einmal eine Rotweinreduktion - die hätte ich auch gern gemacht. Ich habe zwar schon Rotweinsaucen gekocht, doch es war sehr interessant, wie Rory die Sauce sehr stark einreduzierte, um dann zu befinden, dass er ein wenig zu weit gegangen war. Die Perfekte Rotweinsauce hätte ich gern in der Schule geübt. Meine letzten Kochhandlungen vor der Prüfung: Lachsröllchen mit Gurkensalat sowie Schokoladeneis. Das Schokoladeneis war sehr gut, wenn auch etwas tricky in der Zubereitung - zumindest an dem Punkt, an dem man die geschmolzene Schokolade mit der fluffigen Eiercreme verrührt. Dazu kamen dann noch ein paar Baisers und Mandelkrokant, die ich außer Plan gemacht habe. Die Lachsröllchen waren straight forward - etwas raffinierter sind allerdings diese Lachsröllchen.
Ebenfalls sehr retro fand ich die Orangen mit Schokoladen- und Orangeneis. Die zieren seit Jahrzehnten den Dessert-Trolley im Ballymaloe House. Irgendwie aber auch wieder lustig.
Am Dienstagnachmittag mussten dann die ersten ran: Vorkochen für das Examen am Mittwoch. Mein Examen war erst am Donnerstag. Meine Zabaglione Semi Freddo durfte ich dann am Mittwoch vorbereiten. Hektik am Donenrstag: Um 8 Uhr begann ich mit meinem Examensmenü, das von Darina Allen sowie Rachel Allen (BBC-TV-Köchin und Buchautorin) und ihrem Mann Isaac bewertet wurde. Doch was alles zum Examen gehörte - dazu noch ein separater Artikel!
Mehr zur Ballymaloe Cookery School und Darina Allen
Artikel über Darina Allen in der New York Times
Darina Allen (wikipedia)
Ballymaloe Cookery School - die offizielle Seite
Meine erste Woche in der Cookery School
Die 2. Woche in der Ballymaloe Cookery School
2. Woche, Teil 2
Bericht aus Woche 3
Bericht aus Woche 4
Bericht aus Woche 5
Irish Breakfast
Bericht aus Woche 6
Bericht aus Woche 7
Bericht aus Woche 8
Bericht aus Woche 9
Bericht aus Woche 10
Das Examen in der Ballymaloe Cookery SchoolRezepte aus der Cookery School
Orangenbutter-Scones
Aprikosentarte
Fork-Biscuits (Anfänger-tauglich)
Rhabarber-Kompott
Französische Apfeltarte
Glutenfreie Muffins mit Himbeeren
Glutenfreie Scones
Irisches Frühstück
Frittierte Schollenfilets - Goujons
Sommersalat mit Gurke, Radieschen, Schwarzkümmel und Feta-Käse
Seeteufel mit Paprika-Butter-Sahne-Sauce
Himbeersorbet
Zabaglione Semi Freddo mit italienischem Fruchtsalat - mein Examens-Dessert!Bücher zur Ballymaloe Cookery School und zur irischen Küche
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Ballymaloe Bread Book
Forgotten Skills of Cooking (eines meiner Lieblingsbücher - mit allem, was man in der Küche selbst machen kann)
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Irish Traditional Cooking: Over 300 Recipes from Ireland's Heritage
3 Kommentare
Ich bin beeindruckt. Toll, was du da alles gelernt hast.
Hallo Claudia,
die "Apricot Tart mit Frangipane" sieht wundervoll aus, schreibst du mal das Rezept hier dazu? Das wäre toll, ich bin nämlich ein Backfan.
Grüße von Katja
@tobias kocht: Ich glaube ich werde erst mit der Zeit so richtig merken, was ich alles gelernt habe.
@Katja: Ja, ganz sicher, diese Tarte will ich nicht vorenthalten. Die kommt in den nächsten Tagen - noch rechtzeitig zur Aprikosensaison!
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