Ballymaloe Cookery School - Woche 4
By Claudia on May 16, 2010 | In News, Landleben, Kochschulen
Die 4. Woche in der Cookery School stand im Zeichen von gefüllten Brathähnchen, mit Zuckerguss verzierten Kuchen und ganz viel Pâté. Und in einer Restaurantküche habe zusätzlich auch noch gearbeitet.
Das Brathähnchen am Montag war prima. Wichtig ist hier immer, beim rohen Huhn das Gabelbein ("wishbone") zu entfernen. Man hat beim Tranchieren hinterher ein leichteres Spiel. Um das Gabelbein zu entfernen, fährt man mit dem Messer entlang des Knochens und löst ihn soweit möglich. Dann dreht und knackt man ihn elegant mit der Hand raus.
Serviert wird Brathähnchen hier in Scheiben, damit jeder etwas weißes (Brust) und braunes Fleisch (Keulen) abbekommt. Dazu für jeden etwas Stuffing und Gravy. Das gab für mich wieder die Höchstpunktzahl. Ich merke mittlerweile, dass ich ungnädig werde, wenn ich nicht voll Punktzahl bekomme. Besonders ärgerlich, wenn das auf kleine Fehler zurückgeht. So habe ich beispielsweise nicht gesehen, dass ein Ofen auf Umluft geschaltet war. Ich habe mein Soda Bread somit zu heiß gebacken, den Fehler bemerkt und es kürzer gebacken. War natürlich nicht 100%ig perfekt und so gab es Punktabzug für so etwas Banales wie ein Soda Bread.
Die Gasherde hier sind so eingerichtet, dass man so ziemlich nichts einfach nur leicht köcheln lassen kann, nicht einmal auf kleinster Flamme. Somit habe ich hier letzte Woche die "Melted leeks" unbeabsichtigt karamellisiert, weil ich gerade eines meiner Gerichte probiert und diskutiert wurde. Ich plädiere für früh kochen und dann aufwärmen. Das machen die in der Restaurantküche ja auch.
Apropos Restaurantküche: Ich habe am Dienstagabend erstmals in der Ballymaloe House-Küche mitgearbeitet. Das Ballymaloe House liegt etwa 3 km entfernt. Los ging es abends (nach dem Tag in der Küche und den Vorlesungen) um 18:15 Uhr. Ich habe eine Kiste mit gekochten Kaisergranat geschält, einen Eimer voll Gurken-Pickle vorbereitet, einen kleinen Eimer voll Zwiebelringe geschnitten und ein wenig am Gemüseposten mitgeholfen. Interessant: Zum Braten von Fisch wird hier Sonnenblumenöl verwendet. Finde ich sympathischer als Butter, wie uns beigebracht wurde. Daran habe ich mich dann auch nicht gehalten, als ich den Schellfisch in der Pfanne braten sollte. Ich habe gemischt: Mit Butter und Öl verbrennt das Fett nicht so schnell und man kann es höher erhitzen. Zur Restaurantküche gibt es einen weiteren Bericht, denn heute, am Sonntag geht es wieder in die Restaurantküche, diesmal nicht ganz so müde und abgekämpft schon um 10 Uhr morgens.
Sehr gut gefallen haben mir die Pâtés. Leider habe ich die Hühnerleber-Creme nicht selbst gemacht, aber da ich die Punkte "make jelly" und "melt gelatine" auf meiner Technik-Liste abgehakt haben wollte, habe ich von einer Mitstudentin etwas Pâté bekommen und eine Jelly oben drauf gemacht. In der Vorlesung wurde gesagt, dass Pedro Jemirez-Sherry dazu prima geeignet ist. Als ich mich danach auf die Suche machte, hieß es: In der Demonstration hätte man auch nur die leere Flasche gehabt. Ich habe dann Creme de Cassis genommen und mit etwas Wasser verdünnt. Das harmonierte sehr gut mit der Hühnerleber.
Sehr schön war dann meine Creme vom geräucherten Lachs. Das Prinzip der Pâtés ist sehr einfach: Butter (und vielleicht zusätzlich noch etwas Butter) und Lachs (oder Makrele, Hühnerleber, etc.). Die Hühnerleber-Pâté bekam noch etwas Brandy und wurde lässig mit Hilfe der Gasflamme flambiert. Das war eigentlich der Hauptgrund, warum ich die Pâté gern gemacht hätte. Meine Lachscreme habe ich mit etwas Zitronensaft verfeinert. Die Pâtés sind sehr reichhaltig, aber lecker.
Eigentlich backe ich ja gern Kuchen und auch das Verzieren ist nett. Bei den Kuchen, die wir gebacken haben bzw. dem Kuchen, der für mich vorgesehen war, verging mir allerdings die Freude. Mein Kuchen war im Grunde ein Pfundkuchen. Und der wurde ganz frisch mit Buttercreme gefüllt und mit Zuckerguss verziert, dazu kandierte Orangenschale. Ein Albtraum. Zunächst einmal hätte ich persönlich ja die Formen mit Backpapier ausgelegt. "Brauchen wir nicht." Und so musste ich mich damit herumärgern, dass der Kuchen trotz Einfetten der Form sich nicht löste. Außerdem war die Konsistenz für meine Geschmack nicht dafür geeignet, den Kuchen mit Zuckerguss zu bedecken, weil das wirklich nicht schön aussieht. Selbst in der Kochdemonstration hätte ich persönlich diesen Kuchen - trotz hübscher Ringelblume obendrauf - nicht durchgehen lassen.
Ich finde auch, dass es nicht sinnvoll ist, einen frisch gebackenen Kuchen, der gerade eben ausgekühlt ist, zu füllen. Dass hier selbst für die Buttercreme gesalzene Butter verwendet wird - geschenkt. Mein Kuchen löste sich also schwer aus der Form und hatte einen krümeligen Rand. Hier gibt es auch keine Ringe, mit denen man ihn hätte ausstechen können, so blieb nur das Messer zum Verschlimmbessern. Das beste aus meiner Sicht: Ich musste den Kuchen ja nicht probieren.
Ein lustiges Highlight: Die Dame mir gegenüber verzierte ihren Coffee Cake mit Bärlauchblüten. Eine Lehrerin hat dann aber doch noch verhindert, dass sie den Kuchen so präsentiert ...
Sehr lecker war der Fool aus schwarzen Johannisbeeren. Ein "Fool" ist in der britischen und irischen Dessert-Sprache ein Fruchtkompott, das mit geschlagener Sahne vermischt wird (siehe etwa meinen Stachelbeer-Fool). Ich hatte die schwarzen Johannisbeeren erwischt. Die waren gefroren und wurden in Zuckersirup aufgekocht bis sie platzten. Das ganze wurde im Mixer püriert und dann durch ein Sieb gestrichen. Mein Fool war prima, nicht zu süß. In einer Prüfungssituation hätte ich sicher noch Zucker zufügen müssen. Dazu gab es Shortbread Biscuits, die ebenfalls sehr lecker waren.
Diese Woche wurde uns auch gezeigt, wie wir Fudge (Karamellbonbons) machen. Ich kam bislang allerdings nicht in den Genuss, ihn selbst zuzubereiten. Die Karamellbonbons waren in der Kochdemonstration schön schnittfest, bei vielen Studenten allerdings sehr, sehr weich. Zwar wird etwas von der heißen Masse in kaltes Wasser gegeben, um die spätere Konsistenz zu testen, aber das funktionierte bisweilen nicht, weil einige Lehrere meinten: Das ist gut so. Ein Zuckerthermometer würde hier ganz gute Dienste leisten. Ich habe mir hier mittlerweile eines gekauft.
Ich hatte in der Vorwoche ja berichtet, dass ich einen Küchentimer benötige. Den hatte ich mir bei amazon.de bestellt, weil amazon.co.uk keine Küchentimer nach Irland liefern wollte. Leider ist das Display des Timers defekt und das Gerät unbrauchbar. Schade, wäre prima gewesen, jetzt darf ich das Teil zurückschicken ... Einen neuen Timer habe ich mittlerweile in Cork gekauft.
Am Freitag hatten wir eine Gastdozentin, die allerlei Gebäck glutenfrei backt. Erstaunlich, dass es sogar glutenfreien Puderzucker gibt. Angeblich wird der normale Puderzucker wohl unbemerkt auch mit Mehl versetzt. Ich mochte das fast nicht glauben. Es soll tatsächlich Leute geben, die auf so geringe Mengen Mehl in Puderzucker oder Backpulver allergisch reagieren. Generell finde ich das Label "glutenfrei" problematisch. Da werden plötzlich Makronen - die ohnehin ohne Mehl zubereitet werden - zu "glutenfreiem Gebäck". Ich finde das immer gleichbedeutend mit "nicht ganz so lecker, aber man hat ja keine andere Wahl." Die Himbeer-Muffins waren aber sehr lecker, hätte ich aber nie probiert, weil die das Label "glutenfrei" haben. Die glutenfreien Scones waren teilweise wenig fluffig, eher fest, andere waren von Weizenmehl-Scones kaum zu unterscheiden.
Ich habe in dieser Woche versucht, möglich viel von meiner Technik-Liste abzuhaken. Zwar stand beispielsweise "Eier pochieren" nicht auf meiner To-Do-Liste, ich habe zwischendurch aber immer wieder mal eines pochiert, um mit dem Thema durch zu sein. So konnte ich diese Woche auch das Thema "Orangen filettieren" abhaken. Damit ein Thema durch ist, muss man 3 Versuche nachweisen, wobei der 3. Versuch dann auch schon sehr gut sein sollte. Nächste Woche werde ich mir Omeletts vornehmen. Ich habe zwar meine eigene Technik, aber dafür benötigt man eine gute Teflonpfanne, bei der man sich auf die Beschichtung verlassen kann. Außerdem zählt in unserer Prüfung nicht das Ergebnis, sondern die Technik, die wir hier begebracht bekommen haben. Das ist für die meisten auch sehr sinnvoll. Viele hier haben ja noch nie ein Ei in die Pfanne gehauen.
Am Montag werde ich eine dicke Scheibe Bacon panieren und braten. Dazu gibt es eine Karamell-Whisky-Sauce und gebratene Banane. Irgendwie sehr irisch und mir bislang völlig unbekannt. Außerdem geht es in der nächsten Woche dann um das perfekte Frühstück.
So langsam beherrscht das Thema Kräuter & Salatblätter unsere privaten Gespräche. Am Ende von Woche 6 ist nämlich die erste Prüfung. Wir müssen dann Kräuter und Salatblätter erkennen, insgesamt 15 an der Zahl. Wir müssen sie allerdings nicht nur erkennen, sondern auch Gerichte benennen, in denen die Kräuter verwendet werden. Zusätzlich müssen wir 2 Techniken zeigen können sowie ein paar Basistechniken zeigen. Zu den Basis-Techniken gehören:
+ Zwiebel fein würfeln
+ Papierspritzbeutel falten
+ ein Glas Wein einfüllen (ohne zu tropfen)
+ einen Tisch für ein best. Menü eindecken
+ Foodprozessor oder Blender zusammenbauen
+ Einen Tisch professionell abräumen
Die Techniken, von denen wir 2 vorführen müssen:
Eine Mitstudentin hat sich schon bei Tesco 3 Hühnchen (3 for 10€) gekauft, um das Zerlegen zu üben ... Ich habe mir auch schon vorgenommen, einmal an einem Samstag ein paar Makrelen zu kaufen, um das Filettieren zu üben. Bei den Hähnchen würde ich dann doch lieber nur eines kaufen, und das dann auch zubereiten.
Mehr Berichte von der Ballymaloe Cookery School
Erste Eindrücke nach der Ankunft
Bericht Woche 1, die ersten Tage
Woche 1, Teil 2
Bericht aus Woche 2, Teil 1
Bericht aus Woche 2, Teil 2
Bericht aus Woche 3
Bericht aus Woche 5
Bericht aus Woche 6
Bericht aus Woche 7
Bericht aus Woche 8
Bericht aus Woche 9
Bericht aus Woche 10
Bericht aus Woche 11 & 12
Das Examen in der Ballymaloe Cookery SchoolRezepte aus der Ballymaloe Cookery School
Orangen-Butter-Scones
Rhabarber-Kompott à la Ballymaloe (oder auch nicht ;)
Mandel-Orangenkuchen (glutenfrei) - einer meiner Lieblingskuchen
Seeteufel mit Paprika-Butter-Sahne-SauceBücher
Mein Familienkochbuch: Lieblingsrezepte für jeden Tag (amazon.de, dt. Ausgabe)
Home Cooking (amazon.co.uk)
Bake (Rachel Allens Backbuch, amazon.co.uk)
Ballymaloe Cookery Course
Forgotten Skills of Cooking: The time-honoured ways are the best - over 700 recipes show you why
8 comments
Ich wünsche dir eine erfolgreiche Prüfung. Wie enthäutet man denn erfolgreich Haselnüsse?. Ich bin da immer kläglich gescheitert.
Sehr schoen gemacht (gekocht und fotografiert)!!!
Ich versuche mich zu zwingen mehr auf Deutsch zu schreiben (uebungsmesich), desswegen hoffe ich, ihr werden meine Fehler nicht so ueble finden:)
P.S.
6 Wochen in Ireland...ich bin neidisch!
Du glueckliche!!!
Ich denke, das ist so ähnlich wie mit dem Autofahren lernen - so wie in der Fahrprüfung oder mit dem Fahrlehrer daneben, fährt man im späteren Leben nie wieder...
Der Sherry bzw. die Traube heisst übrigens Pedro Ximénez (oder Jiménez).
Hurra, ich weiss auch mal was, dank eines Ausfluges nach Jerez inklusive Bodega-Besichtigung. :)
Viel Glueck bei den Pruefungsvorbereitungen.
Das Salzbutter fuer Kuchen verwendet wird, wird mir immer ein Raetsel bleiben.
Ich lese die Serie über die Kochschule immer mit großem Interesse und stelle es mir sehr schwierig vor, die 3 Monate durchzuhalten, wenn man schon so viel Vorwissen hat - insbesondere wenn man ständig dazu aufgefordert wird es zu ignorieren!
Dem Kommentar von Lilly kann ich nicht zustimmen.
Was mich persönlich mal interessieren würde: Du hast mal geschrieben, dass man am Vorabend immer für den nächsten Tag eine Vorbereitungsliste aller Arbeitsschritte des nächsten Tages erstelle muss. Wie sieht denn so etwas aus?
Viel Spaß bei der Prüfung! Um Deinen Erfolg mache ich mir keine Gedanken.
Gruß
Oliver
Das mit dem Hühnchen entbeinen, das zeigst Du uns noch mal im Film oder? Für die Prüfung drücke ich auch alle Daumen und Zehen, mache mir aber keinen ernsthaften Kopf.
Bin übrigens froh, dass Du mittlerweile wieder kreativ und schön dekorieren darfst, so wie Du es schon vorher konntest. ,-)
Oh je, dieser Kuchen ganz oben sieht aber wirklich nicht präsentabel aus. Ansonsten ist dieser Bericht mal wieder ein Sahnestückchen im Ozean der verunglückten Rührkuchen :-)
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