Ballymaloe Cookery School: Woche 5
Von Claudia am Mai 26, 2010 | In News, Kochschulen
An unserem 1. Tag in der Ballymaloe Cookery School wurden wir gewarnt: Woche 5 wäre immer geprägt von Erschöpfung und Ermüdungserscheiungen. Und so war bei den meisten der Akku auch nicht mehr ganz voll, dunkle Augenringe scheinbar der letzte Schrei in Sachen Make-up.
Die erste Kochvorführung am Montag war dann auch ein eher entspanntes Thema: irisches Frühstück. Neben Erläuterungen zum Fry, dem Teller mit allerlei gebratenem Fleisch, gab es grundlegende Informationen zum Frühstück in B&B-Betrieben und Hotels. Einiges mutete antiquiert an, etwa der Hinweis, dass man keinesfalls Instantkaffee servieren sollte. Klar, dass frisch gepresster Orangensaft besser als gekaufter ist. Interessant wären in diesem Zusammenhang Beispiele gewesen, wie man etwa ein aufwändiges Frühstück in einem B&B berechnet. Was bietet man an, wieviel kann man dafür verlangen? Sind Gäste bereit, ein höheres Übernachtungsentgelt zu zahlen, wenn das Frühstück erstklassig ist oder wird das B&B nach dem Preis gewählt? Oder sollte man keinen pauschalen Übernachtungspreis anbieten, sondern unterschiedliche Preise fürs Frühstück veranschlagen?
Der Dienstag war kochtechnisch dann recht entspannt, weil wir ja im Grunde nur Frühstück zubereitet haben. Will man die ganze Bandbreite an Frühstück anbieten, muss man wohl sehr früh aufstehen, damit die ersten Gäste morgens nicht lange auf ihre erste Mahlzeit warten müssen. Frisch gepresster Orangensaft und Buckfizz (O-Saft mit Prosecco) kamen jedenfalls auch bei meinen Mitstudenten gut an.
Sehr gefallen hat mir die Demonstration zum Filettieren von Plattfischen und vom Seeteufel. Letzterer nimmt eine Sonderstellung beim Filettieren ein, weil er weder ein Rund- noch ein Plattfisch ist, dafür aber besonders leicht von den Gräten zu lösen ist.
Ich habe dann am Donnerstag eine Scholle filettiert. Ging sehr einfach von der Hand. Die Filets wurden dann zu "Spicy Goujons" weiterverarbeitet. Goujons sind dünne Fischstreifen, die paniert und frittiert werden. Unsere Goujons wurden in einem sehr würzigen Mehl paniert, in dem jede Menge Cayenne, Chili, Salz, Pfeffer und Sesam war. Dazu gab es ein Aioli und eine Tomaten-Koriander Salsa. Das Rezept hat mich sehr begeistert. Es ist hier aber auch sehr einfach, etwas zu frittieren: Die Fritteusen sind meistens betriebsbereit und reinigen müssen wir sie auch nicht. In privaten Haushalten lohnt sich das meist nicht. Das Vorhaben, wenn man mal etwas frittiert, dann gleich mehrere Gerichte in der Fritteuse zuzubreiten, lohnt nicht. Spätestens beim 3. frittierten Gericht, hat man wieder den Spaß dran verloren.
Kuchen-technisch war Woche 5 vor allem von Brandteig geprägt. Hinzu kam das Herstellen von Pastry Cream - Konditorcreme - hinzu. Ich hatte sehr viel Spaß am Zubereiten der luftigen Teigbällchen und konnte perfekte Exemplare herstellen. Geschmacklich werde ich nie ein Freund von Brandteig - Eclairs, Profiteroles & Co. - werden.
Ich habe zwar noch allerhand Natron-Brote (Soda Breads) auf meiner Technikliste, die vervollständigt werden will, aber in Woche 5 habe ich dann auch endlich einmal ein Hefebrot gebacken. Die Form der Sonnenblume hat mir sehr gut gefallen. Das Brot wird durch geschicktes Einschneiden und Eindrehen in 16 - recht große - Stücke geteilt, die sich hinterher sehr gut teilen lassen. Messer überflüssig.
Auch in Woche 5 wurde wieder fleißig Marmelade gekocht. Hier wird nur mit purer Frucht und Zucker gearbeitet, Geliermittel kommen bzw. kamen bislang nicht in Frage. So schmecken selbst mir als Marmeladen-Muffel die selbstgemachten Fruchtaufstriche. Die Himbeermarmelade ist einfach göttlich, aber auch die Schwarze Johannisbeer-Marmelade, die ich gemacht habe, war sehr, sehr gut. Die Marmeladen sind nicht ganz so fest wie die meisten Industrieprodukte. Eine sehr angenehme Konsistenz und eine unerreichte Fruchtigkeit. Ich war erstaunt, wie dickflüssig Marmelade auch ohne Gelierzucker wird.
Nach der "Durch-Hänger-Woche" bin ich dann am Freitagabend nach Cork gefahren, in die Arbutus Bakery, eine sogenannte "Artisan Bakery", in der auf Brotmischungen und Zusatzstoffe verzichtet wird. Die Schicht dort fängt um Mitternacht an und ging diesmal bis ca. 8 Uhr morgens. Als ich dann um 9 Uhr am Samstagmorgen in Bett ging, hatte ich insgesamt 26 Stunden - abgesehen von 2 Stunden Dösen am Vorabend - nicht geschlafen. Den Samstag fühlte ich mich dementsprechend als hätte ich einen Jetlag gehabt. Aber was macht man nicht alles, um Einblicke in produzierende Betriebe zu bekommen. Zumal pro Woche nur ein Student in die Bäckerei fahren kann und die Plätze sehr schnell weg waren ... Interessant war es allemal und ich konnte mir den einen oder anderen Kniff abschauen.
Eines kann ich schon versprechen: Woche 6 ist hektisch ...
Mehr Berichte von der Ballymaloe Cookery School
Erste Eindrücke nach der Ankunft
Bericht Woche 1, die ersten Tage
Woche 1, Teil 2
Bericht aus Woche 2, Teil 1
Bericht aus Woche 2, Teil 2
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Bericht aus Woche 4
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Bericht aus Woche 7
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Bericht aus Woche 9
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Bericht aus Woche 11 & 12
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Orangen-Butter-Scones
Rhabarber-Kompott à la Ballymaloe (oder auch nicht ;)
Mandel-Orangenkuchen (glutenfrei) - einer meiner Lieblingskuchen
Glutenfreie Himbeer-Muffins
Glutenfreie Scones
Frittierte Schollenfilets - Goujons
Französische Apfeltarte
Seeteufel mit Paprika-Butter-Sahne-SauceBücher
Mein Familienkochbuch: Lieblingsrezepte für jeden Tag (amazon.de, dt. Ausgabe)
Home Cooking (amazon.co.uk)
Bake (Rachel Allens Backbuch, amazon.co.uk)
Ballymaloe Cookery Course
Forgotten Skills of Cooking: The time-honoured ways are the best - over 700 recipes show you why
7 Kommentare
Ich haette gerne das Sonnemblumenbrot mit der Himbeermarmelade zum Fruehstueck, bitte. Sieht sehr huebsch und appetitlich aus.
Durchhalten Claudia - auch bei den interessanten Berichten!-)
Eine große Hürde auf dem Weg zum perfekten Nachmachen ist genommen - ich habe den gleichen Messbecher :-)
Claudia, es ist so herrlich, was ich hier immer lese. Die Anstrengungen lohnen sich bestimmt - wenn du wieder Daheim bist, wirst du irgendwann nur noch die guten Dinge sehen und dich an die Erschöpfung nicht mehr erinnern.
Zum B&B: mir ist das Frühstück wichtiger als das Zimmer. Wenn ich morgens ein mieses Frühstück bekomme, dann ist die Unterkunft unten durch, egal, wie luxuriös sie daher kommt. Für ein tolles Frühstück bin ich bereit, den ein oder anderen Euro springen zu lassen. Alles im Rahmen, aber Qualität hat halt ihren Preis und ein guter Start in den Tag ist die halbe Miete. Sozusagen :-)
Wieder mal ein informativer Bericht, danke!
Solche Goujons sind mir zuerst bei Elfie Casty begegnet - die muss ich jetzt doch mal machen. Ich frittiere grundsätzlich in normalen Töpfen (für einen großen Gussbräter habe ich einen Frittierkorb), da kann mache ich durchaus mal kleine Mengen und finde das völlig unkompliziert.
Wie Jutta ist mir das Frühstück auch viel wichtiger als das Zimmer. Ich finde es traurig, dassauch in besseren Häusern oft nur Mittelmaß und Konfektioniertes zu finden ist.
@MyKitchenInTheRockies: Ja, ein Traum zum Frühstück. Das Brot wurde leider nur allzu schnell an den Mittagestischen aufgeteilt ...
@Oliver: Das geht in Ordnung :)
@Jutta: Sehr lustig, den Pyrex-Becher habe ich seit 20 Jahren - Pryrex-Bowl und Pyrex-Jug sind fast feststehende Begriffe hier - und auch in GB. In Deutschland waren die nicht ganz so erfolgreich. Ich liebe deren Glasteller und Schüsseln - die kann man mal eben schnell in den Ofen schieben. Und den Messbecher kann man prima in einen Topf mit kochendem Wasser hängen und beispielsweise Schokolade drin schmelzen - oder Hollandaise warm halten.
@Petra: Ich glaube, ich werde mir so ein kleines, offenes Frittierteil zulegen. Ich hatte vor langer Zeit mal eine Fritteuse. Kochtechnisch völlig falsch konstruiert und man konnte den Ölbehälter nicht einmal rausnehmen. Und wofür man den Deckel brauchte, hat sich mir auch nie ganz erschlossen. Da sah man das Frittiergut ja gar nicht.
Bei mir müssen im B&B beides stimmen: Unterkunft und Frühstück. Wobei ich tendenziell auch das Frühstück gelegentlich stärker bewerte. Ich weiß aber von einigen B&B-Betreibern, dass sie sich nicht trauen, im Preis raufzugehen, weil sie denken, sie würden Gäste verlieren. Gedankliche Sackgasse. Wahrscheinlich lassen sich gute Frühstücke auch nur im gehobenen Segment preislich angemessen umsetzen.
Was bin ich begeistert vom Sonnenblumenbrot!!!! War das denn eine Eigenkreation von Dir oder eine Vorgabe der Schule? Und kann man (ohne unverschämt sein zu wollen, bei DEM Stress, den Du da hast), eventuell auf das Rezept und die Anleitung für die tolle Form hoffen....? Wär toll! Ich freu mich, weiterhin so toll teilnehmen zu dürfen an Deiner Expedition und wünsch einfach viel Spaß und noch mehr Erfolg dabei! Schöne Grüße aus dem Kraichgau von Osteria
@Osteria: Das Brot wurde uns einmal in der Kochvorführung gezeigt. Eigentlich eignet sich jeder Hefezopf-Teig oder Teig für Rosinenbrot dazu. Man formt eine Kugel, macht die etwas platt und sticht in der Mitte einen runden Kreis aus, lässt den Ausstecher aber in dem Brot. So bleiben später die Mohnsamen in der Mitte. Zum Backen würde ich ihn dann aber wieder rausnehmen, dann gart das Brot besser.
Mit dem Ausstecher in der Mitte "teilt" bzw. schneidet man das Brot erst in 4 Teile, teilt diese 4 Teile wiederum jeweils einmal und dann noch einmal. So hat man zum Schluss 16 Stücke. Diese 16 Stücke hebt man einzeln vorsichtig hoch und dreht sie auf die Seite, sodass die Schnittfläche oben liegt. Im Grunde wird jedes Stück ein wenig eingedreht. Die so entstandenen Blütenblätter bestreut man dann mit Polenta (wg. der gelben Farbe). Nach einer kurzen Geh-Phase wird dann gebacken. Ich werde mich mit dem Brot noch einmal ausführlicher beschäftigen und je nach Zeit eine genaue Anleitung erstellen.
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