Ballymaloe Cookery School: Woche 6
Von Claudia am Mai 31, 2010 | In News, Landleben, Kochschulen
Kochtechnisch gesehen war Woche 6 in der Ballymaloe Cookery School kurz: Mittwoch war wie immer Theorie-Tag, am Freitag fiel das Kochen wegen der Zwischenprüfung aus.
Mit Spannung erwartet wurde aber nicht nur die Zwischenprüfung zur Halbzeit, sondern auch die Kochvorführungen zu den Themen Tapas und Pizza. Beide Vorführungen kamen sehr gut an - auch dem Kochplan standen aber weder Tapas noch Pizza. Vielleicht bekommen wir dazu ja noch Gelegenheit, für die nächste Woche ist allerdings kein Tapas-Mittagessen geplant.
Passend zum Thema Tapas beschäftigte sich die Weinvorlesung und -Verkostung dann auch mit dem Thema Sherry. Während ich mit dem Sherry Fino nicht sonderlich viel anfangen kann, fand ich den Perez Ximénes sehr lecker und kann ihn mir gut in dieser Sherry-Creme oder auf Eis vorstellen. Dieser Sherry enthält mehr Zucker als Coca Cola!
Die Platte mit irischem Meeresfrüchten gefiel den meisten. Neben Muscheln, Kaisergranat, Shrimps und Austern gab es auch Seeigel. Nachdem ich einen kurzen Haps gemacht hatte und für mich befunden hatte, dass ich das nicht haben muss, trug ich den Teller mit dem frisch geöffneten Seeigel durch die Küche und bot den Seeigel zur Verkostung an. Meinem Mut mochte kaum einer folgen. Auf die Frage, was ich mit dem Seeigel nun machen sollte, antwortete die Lehrerin knapp: "Say Good-bye to it." Ein gefundenes Fressen also für die Hühner ... Lustig wurde es dann allerdings doch noch als jemand auf die nette Idee kam, einen ausgehöhlten Seeigel als stylishen Behälter für Mayonnaise zu nutzen. Das war dann Anlass für eine kurze Bekanntmachung zu Beginn der Kochvorführung: "Don't do that!" Das mag zwar recht nett ausschauen, aber die Gefahr, dass beim Servieren dann Stachel auf dem Teller landen oder sich jemand beim Herauslöffeln der Mayonnaise verletzt, sind zu groß.
Gebacken habe ich in Woche 6 nicht nur die Apfeltarte, sondern auch eine "Tuscan Plum Tarte". Die wird in einem flachen (und ofentauglichen) Topf gebacken und wie eine Tarte Tatin gestürzt. Dazu wird erst Karamell in dem Topf hergestellt, dann kommen die halbierten Pflaumen drauf, darauf eine Lage Teig - und ab in den Ofen.
Das Stürzen gelingt am Besten, wenn der Topf 2 Griffe hat. Mit einer Stilkasserolle hat man nicht ganz so viel Kontrolle, um die Tarte mittig auf einer Tortenplatte zu platzieren. Der Topf ist schließlich sehr heiß. Sehr guter Tipp dazu: Heiße Töpfe und Pfannen, die gerade aus dem Ofen kommen immer zusammen mit Topflappen bzw. Handtüchern abstellen. So signalisiert man anderen Leuten in der Küche, dass der Topf heiß ist. Ohne sichtbare Zeichen, könnten Unbedarfte den Topf anfassen und sich gehörig verbrennen.
Für geschäftige Hektik sorgte aber natürlich die gesamte Woche über das Gesprächsthema "Prüfung". Glücklicherweise ging es in meinem Cottage entspannt zu und so plauderten wir am Vorabend über andere Dinge, während man sich in anderen Cottages verrückt machte.
Erst am nächsten Morgen setzte bei vielen eine gewisse Panik ein. Mich fragte jemand im Beisein einer Kochlehrerin, wie man Mandeln häutet. Ich sagte: Mandeln in kochendes Wasser geben. Nein, meinte die Kochlehrerin, man setzt die Mandeln in kaltem Wasser auf. Ich war natürlich ungläubig, zumal 2 andere Lehrer bei der von mir genannten Methode nichts auszusetzen hatten. Sie ging dann nachfragen. Ergebnis: Rory O'Connell setzt die Mandeln in kaltem Wasser auf, Darina Allen gibt sie in kochendes Wasser. Im Zweifels fall sticht natürlich Darina Allens Methode ... Zeigte unserer kleinen Gruppe mal wieder, wie willkürlich vieles ist, sorgte aber bei einigen doch für gesteigerten Prüfungsstress.
Die Prüfung bestand aus 2 Teilen:
1. Salat- und Kräuterprüfung (+ Service-Test)
2. Technik-Prüfung mehrerer Küchentechniken, wobei einige explizit vorher genannt wurden.
Bei der Salat- und Kräuter-Identifizierung ging es darum, jeweils 10 Salatblätter und Kräuter zu erkennen. Gar nicht so einfach, wenn man nur die Blätter, aber nicht den ganzen Salatkopf vor sich hat. Bei den Salatblättern hatten sich alle die Exoten gut eingeprägt, also Mizuna und Mibuna (Brassica rapa Varietäten) oder auch roten Amaranth. Als dann schnöder Romana-Salat bei einigen dabei war, setzte das Grübeln ein. Ich habe anfangs glatt Lollo Rosso und roten Eichblattsalat verwechselt. Insgesamt aber nicht allzu schwer. Bei den 10 Kräutern konnte ich auch alle sofort benennen. Dazu kam aber, dass man zu jedem Kraut auch noch 2 Rezept aus den bisherigen Rezepten nennen musste. Aber glücklicherweise lassen sich ja die meisten Kräuter irgendwie mit Butter zu einer Kräuterbutter mischen oder in einer Tomatensuppe verwursten. Es ging schon darum, nicht irgendein Rezept zu nennen, sondern das genau Rezept aus dem Kurs. So habe ich dann beispielsweise bei Minze geschrieben: "Orange, Grapefruit & Mint Cocktail" und "Carrot Mint Soup". Das war für mich der eigentliche Teil des Lernens.
Im Anschluss an die Kräuter-Prüfung musste jeder einen Tisch decken (1 Gedeck) und ein Glas Wein tropffrei einschenken. Die einzige Falle dabei wäre gewesen, die Prüferin nicht zu fragen, ob sie den Wein vorher probieren möchte und ihr gegebenenfalls einen Probeschluck einzugießen.
Dann kam es zum eigentlich spannenden Teil. Wir wußten zwar, dass Zwiebel fein würfeln, Papiertütchen falten und Küchenmaschinen zusammensetzen auf jeden Fall dran kommen würden, aber über die anderen Küchentechniken wurden wir im Dunkeln gelassen.
Während andere einen Tarte-Boden oder Scones backen durfte, kam auf mich der Albtraum zu: ein halbes Huhn erzerlegen. Zum einen finde ich ein halbes Huhn zu zerlegen, an dem sich schon jemand mehr oder minder erfolgreich versucht hat, viel schwerer, zum anderen hatte ich bislang erst 2 halbe Hühner zerlegt. Nicht gerade viel. Am Vortag durften einige Kochschüler noch mit Hühner trainieren, für mich war aber keines mehr da. Fand ich nicht so toll, zumal zu Beginn des Kurses gesagt wurde, wir hätten reichlich Gelegenheit, Hühner zu (z)erlegen. Den Tipp, mir am Vorabend noch schnell ein Billighuhn aus dem 22 km enfernten Supermarkt zu holen fand ich für einen ökologisch-biologischen Betrieb irgendwie nicht so passend. Zumal uns ja immer wieder eingetrichtert wird, dass man Supermarkthühner eigentlich nicht essen kann. Egal, ich musste das Huhn irgendwie zerlegen. Da kam mir eher mein Biologiestudium zugute, Gelenkedurchbrechen macht mir nichts aus und irgendwie lagen zum Schluss saubere Hühnerteile auf dem Teller. Sogar ein "Chinese Drumstick", das ist ein Teil eines Hühnerflügels, bei dem etwas Fleisch abgeschabt wird und so das restliche Fleisch umgestülpt wird. Der Hühnerflügel wird hier meist in 2 Teile geteilt, ein weiterer Teil wird meist abgehakt und landet im Fond-Topf.
Beim Huhnzerlegen kann ich mich eindeutig verbessern, zumal ich inkl. Prüfung jetzt erst 1,5 Hühner zerlegt habe. Ich kaufe sonst eher Suppenhühner, die ich nach dem Kochen von den Knochen löse oder Brathühner, die im Ganzen im Ofen laden. Ansonsten gehöre ich auch zu den Teile-Käufern. Das wird sich ändern. Denn so schwer ist das nun auch wieder nicht.
Als nächstes kam in der Prüfung das Orange-Filettieren für mich dran. Ein Kinderspiel. Wichtig dabei: Das Filettiermesser benutzen. Das wird hier auch zum Pilze- und Gurkenschneiden verwendet. Bei mir fiel allerdings ausnahmsweise die Orange auseinander und ich konnte nicht mit der geforderten Technik fortfahren. Beim Zwiebelschneiden hingegen oder beim Falten des Papierspritzbeutels ging nichts schief. Das Anschwitzen der Zwiebel mit einem ausgedienten Stück Butter-Verpackungsfolie bereitete mir auch keine Probleme. Alles, was in irgendeiner Weise angeschwitzt oder gedünstet wird, bekommt zur Abdeckung hier eine alte Butterfolie ("butter wrapper") verpasst. Dann kommt noch der Deckel auf den Topf. So soll das ganze Aroma im Gargut bleiben.
Mit dem Zerlegen des Huhns, schnippeln und anschwitzen der Zwiebel, Filettieren der Orange und Falten der Tüte vergingen die 20 Minuten wie im Fluge. Große Katastrophen auch bei anderen Kochschülern aus. Obwohl ich schon gern Mäuschen bei der Schülerin gewesen wäre, die noch vergangene Woche Auberginen nicht von Zucchini unterscheiden konnte ...
Das schönste an der Prüfung: Ich war früh dran und hatte so ab 14:30 Uhr Wochenende! Wann die Prüfungsergebnisse kommen, weiß ich nicht. Ich rechne im Laufe der Woche 7 damit. Ein "well done" der Prüferin in der Technikprüfung ließ mich allerdings schon wissen, dass mich nicht ganz so dusselig angestellt haben konnte.
Noch 6 Wochen! Die Zeit rast!
UPDATE 1. Juni 2010: Heute gab es die Ergebnisse der Zwischenprüfung: In der Kräuterprüfung habe ich 95% erreicht. Lediglich für Rosmarin habe ich ein Rezept angegeben, dass die Prüfer nicht kannten: Jakobsmuscheln mit Seeteufel und Rosmarin, im Ofen gegart. In der Technikprüfung habe ich 92% erreicht:
Papierspritzbeutel falten 6/6
Zwiebel fein würfeln und anschwitzen 6/6
Huhn zerlegen 5/6 - die "Oyster" fehlte am Hühnerschenkel, die habe ich blöderweise an der Brust gelassen.
Orange filettieren 5/6 Sehr ärgerlich, ich dann das eigentlich besonders gut. Mein Fehler hier: Ich habe die Orange nicht über einer Schüssel filettiert und so ging ein wenig vom Saft verloren. Ich habe das zwar in der Prüfung noch korrigiert und schnell eine Schüssel untergestellt, aber da hatte die Prüferin den Patzer schon bemerkt.
Insgesamt ein sehr gutes Ergebnis für mich!
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3 Kommentare
Bisher hast Du noch zu wenig über die Jagd berichtet. ,-)
"Fand ich nicht so toll, zumal zu Beginn des Kurses gesagt wurde, wir hätten reichlich Gelegenheit, Hühner zu erlegen."
@Thomas: Hihi, den Bericht muss ich mir dann wohl aufsparen, bis ich wirklich mal einem Huhn den Hals umgedreht habe. War wohl ein freud'scher Vertipper. Dafür, dass die Jungs mich morgens um 6 Uhr wach kikerikien, könnte ich schon so manchem Broiler nach dem Leben trachten ;))
hey claudia,
gratuliere zu diesem positiven resultat. deine eindrücke aus der schule verfolge ich mit spannung! ich wünsche dir viel erfolg in den folgenden sechs wochen!
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