Ballymaloe Cookery School: Woche 8
Von Claudia am Jun 21, 2010 | In News, Kochschulen
Woche 8 in der Ballymaloe Cookery School war aufgrund von "Bank Holiday", einem Feiertag eine kurze. Den Feiertag nutzte ich für einen kulinarischen Ausflug.
Mit einigen Mit-Studenten machte ich mich auf den Weg nach Lismore zu O'Brien's Chop House. Das Restaurant bietet saisonale und regionale Küche, außerdem ist der Küchenchef ein ehemaliger Ballymaloe-Absolvent - wie so viele hier in der Gegend.
Als Vorspeise gab es für mich Muscheln in einem Kokosnussmilch-Sud, die Hauptspeise sollte "Mixed Lamb Grilled" sein. So einen kleinen Grillteller stellte ich mir geradezu deliziös vor. Umso größer die Überraschung als auf meinem großzügig bemessenem Teller nicht nur ein kleines Lamm-Kotelett, sondern auch Bries, Nieren und reichlich Leber zu finden war. Also hauptsächlich Innereien. Sowohl Briten als auch Iren fanden das nicht ungewöhnlich, weil "mixed lamb" eben alles vom Lamm sein kann. Das ist doch mal wieder ein schöner Unterschied zu Deutschland. Innereien würden ziemlich explizit aufgelistet. Mein letzter gemischter Grillteller vom Lamm in Deutschland ist so lange nicht her, das war bei einem Italiener. Innereien waren dort nicht drauf. Ich kämpfte mich durch die Innereien, kapitulierte dann aber doch als das Schlucken immer beschwerlicher wurde. Ich habe nichts gegen Innereien, ich möchte aber dafür absolut in der Stimmung sein. Mir war nach zartem Lammfleisch, keineswegs aber nach bisweilen gewöhungsbedürftigen Organen. Dafür versöhnte mich das Dessert wieder. Lemon Tart war hier meisterhaft mit schöner Zitrusnote, die von ordentlich geriebener Schale kam. So soll es sein. Außerdem neutralisierte die Zitrone den fiesen Nachgeschmack der Innereien. Ich werde künftig bis ins Detail vorher klären, was ich später auf dem Teller finde ... Ist doch immer wieder ein Erlebnis, was einem so aufgetischt wird.
Lustigerweise gab es dann am nächsten Tag auch in der Kochvorführung eine Zitronen-Tarte. Die hatte ich mit meiner Partnerin allerdings nicht zu backen und so blieb mir das Verkosten am Mittwoch. Den Tartes fehlte es sämtlich an Zitronenaroma. Mehr Zitronenschale wäre sicher hilfreich gewesen. Außerdem waren mir die Tartes - wie so oft hier - viel zu süß.
Ein Erfolg war das Crispy Chicken Sandwich, ein mit Käse und Schinken gefülltes Hähnchenbrustfilet, dazu ein Rucola Salat. Schmeckte gut und stellt ein alltagstaugliches Rezept für den Homecook dar.
Nicht ganz meinen Geschmack traf die Kardamom-Joghurt-Creme mit Rhabarber- und Erdbeerkompott. Mir waren die Kardamom-Stückchen zu stückig, ich hätte sie rausgefiltert. Auch fand ich Rhabarberkompott dazu nicht ganz so passend.
Sehr begehrt: Fish & Chips. Während ich eher nach lecker frischen Fischgerichten lechze, wird die Fritteuse doch recht häufig bemüht. Aber bei Fish & Chips gibt's nun mal keine Alternative.
Bedauert habe ich, dass ich keine Gelegenheit hatte, die überbackene Rote Bete mit dem Ziegenkäse zu machen. Die sah nicht nur lecker aus, sondern war es auch. Wir bekommen jeweils nachmittags am schwarzen Brett mitgeteilt, welche "Section" was zu kochen hat. Die jeweiligen Rezepte teilt man sich dann mit seinem Partner und entscheidet, was man selbst kochen möchte. So hätte ich beispielsweise viel lieber das Lemon-Soufflé gemacht, aber meine Section bekam eben nur die Schoko-Mousse.
Am Ende der Woche fiel mir auf, dass ich recht wenig Fotos gemacht hatte. Es blieb oftmals keine Zeit dafür oder ich fand das Gekochte nicht so spannend.
In Woche 8 kam dann auch die erste Mousse au Chocolat, die hier "Cold Chocolate Soufflé" genannt wird. Dabei wird um ein Ramekin Backpapier gewickelt, sodass die Form an Höhe gewinnt. Man füllt die Mousse dann ca. 4 cm höher als die Form. Wenn die Creme dann kalt ist, entfernt man das Papier und das Ganze sieht dann aus wie ein Soufflé. Problematisch ist hier, dass meist nur 1-1,5 Stunden fürs Kühlen eingeplant werden. Die Lemon-Soufflés waren da noch recht flüssig, mein Schokoladen-Soufflé hingegen wurde fest. Sah gar nicht so übel aus, auch wenn die Portion überdimensional war.
Was bemerkenswert ist: Seit Woche 7/8 heißt es nicht mehr "1/2 Rezept", sondern "1 Rezept". D.h., dass wir die doppelte Menge zubereiten, es werden außerdem mehr Rezepte und manchmal steht innerhalb eines Rezepts noch ein zusätzliches. Das ganze gewinnt an Fahrt und das Mittagessen verzögert sich meist um gut 1 Stunde. Außerdem versuche ich zum normalen Tagespensum noch das eine oder andere Brot zu backen oder etwas anderes von der Koch-Technik-Liste abgehakt zu bekommen. Selbst in Woche 10 ist immer noch nicht ganz klar, ob es Einfluss auf das Examen hat, wieviel man von der Technik-Liste abgehakt hat. Ein Lehrer meinte: Nö, das ist nur für Dich, das hat keinen Einfluss, damit will sich die Schule nur absichern, falls man sich beschwert. Es soll einen Fall gegeben haben, wo eine Schülerin nach 12 Wochen keinen einzigen Fisch filettiert und kein Huhn zerlegt hatte. Und sich genau darüber beschwerte. Was hier wirklich von Vorteil ist: Selbständiges Arbeiten. Ich habe immer mal wieder zwischendurch Rühreier oder pochierte Eier zubereitet, ab und an eine Orange filettiert oder Haselnüsse geröstet - ohne konkreten Anlass. Ich weiß, dass viele dafür keine Zeit haben, weil sie mit ihren Rezepten vollauf beschäftigt sind. Multitasking lässt sich aber mit kleinen Zwischenarbeiten durchaus noch ausbauen ;)
Das Tempo nimmt zu, die Müdigkeit ebenfalls. Gelegentlich schauen Winzer bzw. Weinvermarkter vorbei und halten einen kurzen Vortrag über ihr Weingut (reine Werbeveranstaltung, wobei die indischen Weine durchaus Unterhaltungswert hatten). Das geht auf Kosten anderer Vorlesungen, die dann abends von 18 bis 19:30 Uhr nachgeholt werden. Wir werden zwar zum Thema Wein geprüft, aber ich erlaube mir hier - aufgrund mehrerer Weinkurse - einige Fehlstunden. Ich bin abends ohnehin nicht mehr aufnahmefähig und hier werden absolute Basics gelehrt.
Nach der kurzen Woche freute sich doch alle wieder aufs Wochenende - Müdigkeit und Erschöpfung stehen hier allen ins Gesicht geschrieben, die Verletzungen scheinen auch zuzunehmen. Ich versuche mit Konzentration Verletzungen aus dem Wege zu gehen. Bislang habe ich mir nur Haut zwischen Daumen und Zeigefinger fies gequetsch - an einer alten Küchenreibe, deren gebogene, scharfe Kanten in einem trüben Spülbecken lauerten. Ich griff blöderweise hinein. Zumindest ist mir die Bekanntschaft des hiesigen Arztes bislang erspart geblieben. Narben werde ich also hoffentlich nicht mit nach Hause bringen.
Was mir mittlerweile 2 Briten unabhängig von einander erzählten: Die Cordon-Bleu-Schule sei weniger intensiv, es gäbe dort immer nur Halbtags-Kochveranstaltungen. Von daher sei die Ballymaloe Cookery School vom Preis-Leistungsverhältnis viel besser. Ein anderer Mitstudent meinte, dass er anhand des Technik-Buches der Cordon-Bleu-School bereits vieles abgehakt habe: Wir hätten schon viele Techniken durchgenommen, auch wenn viele sehr old-school und wenig zeitgemäß daherkäme.
Woche 9 dann wieder eine ganz normale 5-Tage-Woche ...
Mehr Berichte von der Ballymaloe Cookery School
Erste Eindrücke nach der Ankunft
Bericht Woche 1, die ersten Tage
Woche 1, Teil 2
Bericht aus Woche 2, Teil 1
Bericht aus Woche 2, Teil 2
Bericht aus Woche 3
Bericht aus Woche 4
Irish Breakfast
Bericht aus Woche 5
Bericht aus Woche 6
Bericht aus Woche 7
Bericht aus Woche 9
Bericht aus Woche 10
Bericht aus Woche 11 & 12Rezepte aus der Ballymaloe Cookery School
Orangen-Butter-Scones
Rhabarber-Kompott à la Ballymaloe (oder auch nicht ;)
Französische Apfeltarte
Mandel-Orangenkuchen (glutenfrei) - einer meiner Lieblingskuchen
Glutenfreie Himbeer-Muffins
Glutenfreie Scones
Frittierte Schollenfilets - Goujons
Seeteufel mit Paprika-Butter-Sahne-Sauce
Zabaglione Semi Freddo mit italienischem Fruchtsalat - mein Examens-Dessert!
Lemon CurdBücher
Mein Familienkochbuch: Lieblingsrezepte für jeden Tag (amazon.de, dt. Ausgabe)
Home Cooking (amazon.co.uk)
Bake (Rachel Allens Backbuch, amazon.co.uk)
Ballymaloe Cookery Course
Forgotten Skills of Cooking: The time-honoured ways are the best - over 700 recipes show you why
2 Kommentare
Wie immer sehr informativ, vielleicht kannst du ja am Ende deine eigene Kochschule aufmachen ;-)
Dein Problem mit den Innereien verstehe ich. Zumal, es reicht dann auch wirklich, wenn man dann wenigstens nur eine der Innereien auf den Teller bekommt – sie sind üblicherweise geschmacklich so eigen, dass sie zusammen einfach nicht passen (nach dt. Geschmack.)
Aber fremde Länder, andere Küchensitten. Mir wäre aufgrund der freundlichen Umschreibung so fast mal Taube in Frankreich serviert worden. In einem mehrfach Sterne-Restaurant, wir waren eingeladen – und ich wäre vor der toten Taube schon aus echten Phobie-Gründen aufgesprungen und schreiend rausgerannt. *lol*
Über Kardamon und Rhabarber muss ich noch mal nachdenken. So schlecht stelle ich mir das gar nicht vor … also dezent aromatisiert.
Hab‘ weiterhin Spaß. Um Dein Examen mache ich mir wenig Sorgen, ehrlich gesagt.
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