Das Matthiae-Mahl
Von Claudia am Feb 19, 2006 | In News, Norddeutsches
Am Freitag war hoher Besuch in der Stadt: Das dänische Kronprinzenpaar war der Einladung zum Matthiae-Mahl gefolgt. Mehr als 400 Gäste tafelten im großen Saal des Hamburger Rathauses. Das Mahl hat eine über 600-jährige Tradition und ist damit das älteste Festmahl der Welt.
Traditionsgemäß wurden zu dem Festessen "Vertreter der Hamburg freundlich gesonnenen Mächte" eingeladen. Das waren im 14. Jahrhundert ganze 40 Herren, Damen durften erst im 17. Jahrhundert mitfeiern. Eine der ersten Rechnungen über die verspeisten Nahrungsmittel listet Beachtliches auf: 29 Lämmer, 9 Schafe, 5 Kapaune, 145 Hühner, 1000 Austern, 3300 Eier, 4 Rehe, 2 Wildschweine und 43,5 Kilo Mandeln. Angesichts solcher Massen fragt man sich berechtigt, ob an dem Mahl wirklich nur 40 Gäste teilnahmen.
Die Gäste kommen überwiegend aus den vielen Konsulaten der Stadt, komplettiert wird die Gästeliste durch Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur.
Die Essenstafel wird für diesen Anlass besonders herausgeputzt: Gut 14 Tage vor dem großen Ereignis wird der "Silberschatz" des Rathauses auf Hochglanz gebracht, pünktlich zum Mahl glänzen dann Pokale, Tafelaufsätze und Schalen aus Silber auf den langen Tischen. Auf dem Tisch der Ehrengäste steht dann stets ein Pokal, den König Edvard VII. von England der Stadt Anfang des letzten Jahrhunderts geschenkt hat.
Damit bei dem Festmahl alles reibungslos läuft, kochen 22 Köche auf Hochtouren. Ein Bankett für über 400 Personen ist auch für routinierte Küchenchefs noch etwas Besonderes. Mit dem zeitnahen Servieren des 4-Gänge-Menüs wären die sechszehn Ratsdiener, die im Rathaus angestellt sind, ?berfordert. Für das Traditionsessen wird aufgestockt: Bis zu 130 Kellner und Kellnerinnen sorgen an dem Festabend für das Wohl der Gäste. Bei der Kreation des Men?s muss der Küchenchef stets etwas Regionales präsentieren, aber auch die Landesküche des Ehrengastes mit einfließen lassen.
In diesem Jahr gab es:
- Smörrebräd vom Oliventoast mit mariniertem Thunfisch und Rucola an Kaviar Crème Fraîche
- Cappuccino von der Spitzmorchel mit Kräuternocken, Sesam-Cräcker
- Hirschrückenfilet unter einer Kräuter- Nußkruste, Orangen-Preiselbeer-Sauce, gefüllter Kohlrabi und Kürbiskern-Kartoffelrösti
- Vanillemousse im Baumkuchen mit Balsamicobeeren und Cremeeis vom Jubiläumsaquavit
- Mokka, Tee, Petits Fours, Mini-Kopenhagener
Was mich persönlich etwas verwundert hat: Altbundeskanzler Helmut Schmidt, der zur Rechten des dänischen Kronprinzen saß, ließ sich von seiner königlichen Hoheit noch vor dem Essen eine Zigarette anzünden. Können sich Raucher, selbst wenn Sie Helmut Schmidt heißen, nicht einmal bei solchen Anlässen zurückhalten?
12 Kommentare
Nun, es gibt RaucherInnen, und es gibt Helmut Schmidt, der sich (als Kettenraucher) das Rauchen nicht verbieten l?sst. Wer das nicht akzeptiert, darf ihn nicht einladen, so einfach ist das.
Im ?brigen: Rauchen w?hrend des Essens w?re sicherlich unh?flich (hat Helmut Schmidt als h?flicher Mensch, der er ist, m.W. nie getan), aber drum herum? Seit wann ist der Bankett-Saal (gro? und sehr hoch, so dass schlechte Luft kaum ein Problem darstellt) ein NR-Raum? ?ber was sich Leute wundern?
Ja, ich wei?, dass Helmut Schmidt Kettenraucher ist. Nur finde ich den Anlass sehr feierlich und pers?nlich ist Rauchen bei Tisch f?r mich - egal ob davor oder danach - ?u?erst proletenhaft. Das verdirbt einem sowohl die Freude auf das Essen als auch das wohlig ges?ttigte "Danach".
Och? proletenhaft? Ist es proletenhaft (ich ?bersetze das hier mal mit unangemessen), zum Fisch ein Pils zu trinken? Und darf es, nur weil ein Anlass feierlich ist, bestimmte Genussmittel nicht geben? Ich gebe ja zu, dass mir die Definition von Menthol-Zigaretten als Genussmittel auch schwer f?llt ;-), aber _ich_ will das ja auch gar nicht "genie?en".
Die einen trinken gerne einen Aperitif vorneweg (oder zwei, und manchmal mehr als gut w?re!), die anderen rauchen (hinterher) 'ne Kubanische oder ein Pfeifchen. Komischerweise wird das nie als Stil-los bezeichnet, im Gegenteil, aber selbst wenn: Sollen sie es doch gerne genie?en. Jedem so, wie er mag, denke ich. :)
(Oder man m?sste, wenn es um den Schutz der NichtraucherInnen ginge, das Rauchen verbieten und die Herrschaften in den Innenhof bitten *gg*. W?re ja ganz die europ?ische Linie. ;-))
Es gibt sicher mehrere Kombinationen bei einem festlichen Essen, die manche als unangemessen oder stillos bezeichnen w?rden. Solange ich dabei in meinem Genuss nicht gest?rt werde, bin ich sehr tolerant. Ich gebe zu, dass ich mich durch ?berm??igen Alkoholkonsum und dessen Folgen ebenso gest?rt f?hlen w?rde. Tischnachbarn, die sich heillos besaufen, hatte ich allerdings beim Essen noch nie. Durch Rauch hingegen f?hle ich mich beim (bzw. davor und danach) Essen pers?nlich gest?rt. Da kann der Raum noch so hoch sein, ich nehme den ?blen Geruch wahr.
Eine nette ?berlegung, die Raucher in den Innenhof des Rathauses zu schicken. Das w?re eine konsequente Umsetzung vom Rauchverbot in Gastst?tten, wie es schon in einigen L?ndern praktiziert wird bzw. vorgeschrieben ist.
?brigens: Zum Matthiae-Mahl wurde fr?her Bier in gro?en Mengen ausgeschenkt - und kein Wein ;-)
: ?brigens: Zum Matthiae-Mahl wurde fr?her Bier in gro?en Mengen ausgeschenkt - und kein Wein
Auch wenn ich einen guten Tropfen durchaus zu sch?tzen wei? - manch alte Traditionen finde ich recht sympathisch! :-)
: Durch Rauch hingegen f?hle ich mich beim (bzw. davor und danach) Essen pers?nlich gest?rt.
*hihi* _Da_ also h?tten wir des Pudels Kern. ;-) Was machen wir denn mit, wie soll ich sagen, ?berm??ig transpirierenden Menschen? Und mit denen, die ohne mobile nicht mehr leben k?nnen? (Oh, btw., k?nnen wir die dann auch aus'm ?PNV rausschmei?en (zumindest die, die ihre Stummschaltungs-Taste noch immer nicht kennen), zusammen mit der Masse der iPod-H?rgesch?digten? O.K., ich schweife ab?)
?brigens empfinde ich es als ausgesprochen ungewohnt, wenn ich in einer Privatwohnung rauchen darf (Achtung: outing), der Balkon als "Raucher-Salon" ist f?r mich v?llig normal (vorausgesetzt, es gibt einen).
Aber in die ?ffentlichkeit? Nee? nee, wirklich nicht. ;-)
>> _Da_ also h?tten wir des Pudels Kern. ;-)
Ja nat?rlich ist das eine pers?nliche Abneigung gegen Rauch. Deshalb rege ich mich ja auch auf (naja, es ist nicht wirklich "aufregen"...), wenn ein ehemaliger Politiker und Staatsmann bei solch einem festlichen Bankett zur Kippe greift. Ich gebe Dir aber Recht, dass es bei Helmut Schmidt als Kettenraucher schon fast ungewohnt w?re, wenn er darauf verzichten w?rde...
Gegen ?berm??iges Handygebimmel oder noch schlimmer: Versatzst?cke klassischer Musik als polyphonen Klingelton, bin ich ebenso allergisch. Gleiches trifft auf iPod-Lautst?rken zu, bei denen ich als Mith?rer sogar mitsingen k?nnte... Das nervt. Nur finde ich das nicht so eklig wie Zigarettenrauch ;-)
Rauchen im Restaurant, weder vor, beim oder nach dem Essen gehoert sich einfach nicht. Punkt. Wer rauchen will, soll rausgehen. Zum Glueck ist das hier in Californien sogar Gesetz * freu *
Ciao. Ralph. Gelegenheitsraucher.
Eine Frage habe ich vergessen :
Claudia, warst du eigentlich persoenlich anwesend ?
@Ralph: Ja, aber nicht als Gast, sondern nur kurz vor Beginn als "Zuschauer" von oben (wie man an den Bildern sieht).
Interessanter Blogeintrag.
Ich glaube der d?nische Kronprinz wird Zigarettenqualm gewohnt sein. Seine Mutter ist auch starke Raucherin. Zumindest habe ich das mal irgendwo aufgeschnappt u. mir gemerkt.
Rauchen und essen passen so gar nicht zusammen! Ich finde das eklig! Und au?erdem ist er doch so krank und kann dennoch nicht aufh?ren zu rauchen! Armer Teufel!
Rauchen! Ausrufezeichen! Pfui! Der Mann ist ein Original, punktum, und wie schon jemand angemerkt hat: Wenn einer wei?, was sich geh?rt und was nicht, ist das Helmut Schmidt. Ich als Kettenraucher rauche auch nicht unbedingt vor dem Essen, aber naja.
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