Kochkurs bei Johann Lafer in Guldental
Von Claudia am Sep 23, 2010 | In Rezensionen, News, Restaurants, Fool for photos, Kochschulen
Diese Woche bin ich der Einladung von HP (von dem Segment, das in Deutschland die Touchsmart-PCs verantwortet) auf Johann Lafers Stromburg gefolgt.
Nach einem ausgiebigen Abendessen im Hotel-Restaurant Le Val d'Or folgte am nächsten Tag ein Kochkurs in Lafers Kochschule "Table d'Or".
Das Abendessen ist - wie eigentlich in jedem Restaurant ab Sterne-Niveau - eine richtige Inszenierung. Die Teller werden streng geometrisch angordnet, Gewöhnliches und Altbekanntes wird von der Küchenbrigade neu interpretiert. So wurden beispielsweise für einen Kartoffelsalat Kartoffelscheibchen von Bamberger Hörnchen und violetten Kartoffeln in Euro-Münzen-Größe ausgestochen, angemacht und leicht fächerartig angerichtet. Drum herum eine feine Linie von Mayonnaise.
Hier die Speisekarte, die aufs Wesentliche reduziert wurde:
Flusskrebse nach Wiener Art
[Glaciert : Tatar : Essenz]
Steinpilze-Tee
[Essenz : Pudding : Savarin]
"Soonwald Reh"
[Chutney : Pfifferlinge : Holunderkrapfen]
Creme Caramel
[Apfel : Parfait : Creme : Eis]
"Nach Wiener Art" hieß beim 1. Gang, dass ein Stück Wiener-Schnitzel-Panade auf dem flachen Teller lag. Johann Lafer erklärte am nächsten Tag, dass für dieses rechteckige Stück Panade wirklich ein ganzes Wiener Schnitzel zubereitet wird. Das Schnitzelfleisch bleibt dann in der Küche, nur die Panade wurde verwendet. Das hat sich ein cleverer Koch ausgedacht, der auch für das leibliche Wohl seiner Kollegen sorgt.
Das Reh war butterzart, wahrscheinlich im Vakuum niedergegart. Meine persönlichen Highlights: Steinpilz-Tee und etwas, was als Zwischen-Gang bzw. -Dessert gereicht wurde: Ein Apfel-Meerrettich-Sorbet auf Passionsfrucht.
Die nette Bedienung erklärte, dass man uns das Rezept sicher gern im Kochkurs erklären würde. Das war leider eine Fehlinformation, denn das genaue Rezept wird nicht rausgegeben. Einer von Lafers Köchen beim Kochkurs erklärte, wie man ganz allgemein Sorbet herstellt und gab mir die Info, dass dazu ein quietschgrünes Apfelmus verwendet würde, dazu Prosecco und ein Apfelbrand. Später hakte ich noch einmal bei Lafer nach, weil ich zu dem Apfelmus gern Näheres gewusst hätte. Er erzählte dann, dass sie für Apfelsorbet Äpfel mit dem Entsafter zerkleinert und die Reste im Trester wieder mit dem Saft vermischen. Aus meiner Sicht ist der größte Trick dabei, die Balance von Apfel und Meerrettich auszutarieren.
Doch nun zum Kochkurs. Das Programm war ambitioniert, aber letztlich doch leicht zu bewerkstelligen, weil vieles schon sehr gut vorbereitet war. Das gemeinsame Essen steht dabei eindeutig im Mittelpunkt, aber wer genau hinschaut, kann sich das eine oder andere abschauen. Wer nicht aktiv kochen möchte, wird dazu auch nicht gezwungen.
Die Schulküche ist sehr modern eingerichtet und auf dem Weg dahin ganz ohne Schalter auszukommen. Gemeinsam mit dem Frauenhofer Institut (und unter anderem mit Computertechnologie von HP) werden Küchen-Abläufe perfektioniert. Die diversen Partnerschaften von Lafer mit bestimmten Herstellern fallen vom Geschirr bis zu Küchenutensilien sofort ins Auge. Und natürlich werden in erster Linie Produkte verwendet, auf denen das Lafer-Logo prangt. Beeindruckend war sicherlich, dass die Lichtführung in der Kochschule auch per Computer gesteuert wird und Johann Lafer sogar - meistens - aufs Wort gehorcht: "Party" - und schon tauchen bunte Lichter den Raum in eine loungige Atmosphäre, passende Musik wird abgespielt. Nüchternes Licht kommt wieder, wenn Lafer beispielsweise "Einführung" auswählt, abgestimmt auf seine begrüßenden Worte für neuangekommene Kochschüler.
Hier das Menü, zu dem jeweils auch die passenden Weine serviert wurden:
- Garnelen im Orangen-Chili-Mantel und geschmorter Paprikasalsa
- Kürbis-Curry-Süppchen mit Zitronengras-Kokos-Schaum und knusprigen Schinkenröllchen
- Steinbutt unter der Kartoffelkruste auf Kohlrabi und Rotweinbutter
- Rosa pochiertes Kalbsfilet im Kräutermantel auf Pfifferling-Gnocchi-Ragout
- Apfelkuchen mit Marzipan und Nüssen
Nicht auf dem Programm aber als erster Snack vorweg: Leckere Thunfisch-Variationen.
Das erste Highlight war das Filettieren des Steinbutts. Das geht - wie bei eigentlich allen Plattfischen - recht einfach. Nachdem Johann Lafer das erste Filet selbst herausgelöst hatte, durften einige Teilnehmer ran. Die Kartoffeln für die Kartoffelkruste wurden mit einem Spiralschneider bearbeitet. Ohne so einen Spiralschneider könne man das nicht machen. Auch Rösti würden ohne so einen Spiralschneider kaum möglich sein - darauf jedenfalls beharrte Johann Lafer. Somit müssen Rösti eine relativ neue Erfindung sein ;)
Gemeinsam mit Zorra vom Kochtopf machte ich mich an die Kürbissuppe. Der Kürbis war schon kleingeschnitten, auch um den Zitronengras-Kokos-Schaum mussten wir uns nicht kümmern, der war - bis auf das Aufschäumen - bereits gut durchgezogen und vorbereitet. Die Schinkenröllchen nach Frühlingsrollenart wurden auch von anderen zubereitet. Wir bereiteten die Suppe zu und pürierten sie im Thermomix, danach wurde sie noch einmal passiert, dann abgeschmeckt. Nur mit Curry, Salz, Pfeffer und Limettensaft wurde das natürlich nicht ganz so schmackhaft. Lafer fügte dann noch Sojasauce und Zitronenöl hinzu - beides stand natürlich nicht im Rezept, zeigt aber, wie Köche arbeiten: Man schmeckt ab und überlegt dann, was fehlt, was die Suppe noch bereichern könnte. Letztlich war die Suppe für Zorras und meine Geschmacksnerven schon fast zu salzig. Als wir am Esstisch noch mit den Garnelen beschäftigt waren, sahen wir Lafer in der Küche, wie er noch einmal kräftig nachsalzte und auch noch etwas Honigessig zufügte. Mir war die Suppe später dann viel zu salzig, wurde aber durch den Zitronengras-Kokos-Schaum abgemildert.
Insgesamt darf die Suppe etwas salziger sein, wenn sie von einem milden Schaum begleitet wird. Die Suppe wurde übrigens zum Schluss noch einmal im Thermomix püriert, weil das Zitronenöl winzige Fettaugen auf der Suppe hinterlassen hatte. Ein Wahnsinnsaufwand, den wohl kaum einer in einer normalen Küche betreiben würde: Suppe kochen, pürieren, passieren und abschmecken, dann nochmal pürieren. Jedenfalls im Thermomix würde ich das nicht machen - zuviel Aufwand beim Saubermachen. Allenfalls den Pürierstab könnte ich zum Schluss noch einmal walten lassen.
Das Ergebnis war eine unglaublich cremige und dank der vielfältigen Würzschritte aromatisch-scharfe Suppe.
Mir gefiel der Steinbutt unter der Kartoffelkruste schon sehr gut, aber das niedergegarte Kalbsfilet war wirklich ein Genussgipfel. Zwar wurde das Fleisch von den Teilnehmer lediglich pariert - den Rest erledigte die Küchencrew - aber insgesamt gab es bei der Fleischzubereitung nicht viel zu tun. Das marinierte Kalbsfilet kam in einen Vakuumbeutel, wurde vakuumiert und kam dann bei 65° C ins Wasserbad. Erst danach wurde es leicht angebraten.
Interessant war übrigens, dass Lafer keine Fritteuse verwendete, sondern nur einen Edelstahlbräter auf die Induktionsplatten stellte. Technisches Highlight für mich: Der Induktions-Wok von Miele. Im Grunde ist es nur eine Vertiefung, die der passende Wok hineingestellt ist. Dank Induktion ist die Hitze sehr gut dosierbar und die Kochmulde äußerst einfach zu reinigen. In der Turbostufe hat das Gerät locker 3,2 KW! Soviel Komofort und Technik hat seinen Preis, die Kochmulde ist im günstigsten Fall nicht unter 1500 Euro zu haben.
Das waren zwei schöne Tage im Hunsrück, geniales Essen und kleine Einblicke in den Lafer-Kosmos. Insgesamt stelle ich bei Kochkursen immer wieder fest: Bei Sterneköchen lernt man im Kochkurs nicht wirklich kochen. Die Rezepte sind für Privathaushalte meist zu aufwändig und es kommen für den letzten Feinschliff doch sehr häufig Zutaten zum Einsatz, die 1. nicht überall vorhanden sind und 2. auch nicht überall zu bekommen sind. Aber ich fahre ja auch nicht zu einem Johann Lafer, um dann eine einfache Hollandaise zuzubereiten, sondern um dem Koch einmal über die Schulter zu schauen.
Die netten Damen von HP, die Repräsentantin der unterstützenden Agentur Edelman, die Teilnehmer aus der Foodblog-Szene & dem Print-Bereich, die vielen Helfer, Hotel-Mitarbeiter und last but not least Johann Lafer haben alle zum Gelingen dieses schönen Events beigetragen. Vielen Dank dafür!
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11 Kommentare
Vielen Dank für dieses interessante und ausführliche Posting.
Interessant: Wiener-Art = Panade vom Wiener Schnitzel ;-)
LG Manu
Fisch mit Kruste scheint grade in zu sein, ok, Zacharias Dengler hat die Kartoffeln auf der BIOerleben nur ganz banal mit der Röselreibe gerieben (von mir reiben lassen), von der genialen Neuerfindung habe ich ja grade erst von Dir erfahren.
Den Induktionswok habe ich 2 Jahre gedanklich abgelehnt, bis ich bei einem Symposium selbst drauf gekocht habe und seitdem liebe ich ihn heiß und innig. Danke für den einfühlsamen Einblick in die Welt der Sterne.
Du bist ja schon richtig munter und fleißig ;-)
Sehr schöne Zusammenfassung (und Fotos) von den schönsten 2 Tagen, die ich seit langem genießen durfte.
Neben all der kulinarischen Pracht und dem allgegenwärtigen Herrn Lafer, war es auch schön, Dich und die anderen Bloggerinen (wieder) zu treffen.
@ManuRitter: Auf die Idee mit der Panade muss man erst einmal kommen, oder? ;)
@herwig: Wirklich? Ich hätte Dich unter den ersten Fans des Induktionswoks vermutet. Der ist ja nicht nur für asiatisches Pfannengemüse geeignet ...
@multikulinaria: War auch schön, Dich kennenzulernen. Beim 1. Mal haben wir uns ja nur kurz gesehen. Bin schon gespannt auf Berichte von den anderen Teilnehmern.
Sehr interessant.
Ein Kochkurs bei Johannes, der würde mir sicher auch gefallen.
Interessanter Bericht, und das mit dem Wiener Art ist ja der Hammer, was für ein Aufwand.
Kalbsfilet sieht top aus (ist doch das Kalbsfilet oder?).
Deine Erkenntnis bezüglich Kochkurse bei "Profis" kann ich nur teilen, finde das einzige was man da mit nimmt ist der ein oder andere Handgriff und der letzte Pfiff für so manches.
PS: Salzproblem scheint allgemein vorhanden zu sein, Kochvorführung von einem der Kochprofis für Silit, der hat gesalzen ohne Ende
War wohl zu flapsig und missverständlich formuliert. Ich bin der größte Fan dieses Induktionswoks und auf der Consumenta zeigen wir (mit Jaksch Küchentechnik) das erste fugenlose Gerät aus Induktionskochfeld (zweiflammig), Tepan Yaki (groß) und Induktionswok. Übermorgen bekommen wir den Prototypen.
@pix4pix: Da bin ich mir sicher :)
@Tina: Ich bekenne, dass ich auch recht gut salze - nicht erst seit Ballymaloe. Einige hatten dort Probleme und fanden vieles übersalzen. Im Restaurant muss man aber würzen - nichts schlimmer als fade Essen im Restaurant. Bei der Suppe allerdings fand selbst ich es zu salzig. ;)
@herwig: Da haben wir wohl aneinander vorbei geschrieben. Ich hätte Dich als "Fan der 1. Stunde" eingeschätzt. Dass Du erst eher abgeneigt warst, hätte ich nicht gedacht.
Auf den Prototypen bin sehr gespannt!
Schoene Bilder! Danke fuer den Einblick. Da wuerde ich auch gern einmal kochen.
Du bist wirklich turboschnell! Danke für den schönen Bericht, da kann man das Ganze nochmals durcherleben. Und was die Suppe betrifft hast du sie eigentlich alleine gekocht. Ich habe nur die Zwiebeln geschnitten, und erst noch falsch. :-) Es hat mich sehr gefreut dich kennenlernen zu dürfen und natürlich auch die anderen!
Schön wars. Tolle Bilder und ein interessanter Bericht. Schade, dass die Menuekarte so vage war.
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