"Lecker"-Foodblogger-Treffen in Hamburg
Von Claudia am Aug 2, 2009 | In News, Foodie-Events
Die Redaktion (bzw. die Onlineredaktion) der Zeitschrift "Lecker" aus dem Bauer-Verlag hatte zum Foodbloggertreffen geladen und Einblicke in die in die Produktion des Hefts versprochen. 4 Foodblogger, ein weiteres (eher Non-Food)-Bloggerpaar sowie die Betreiber einer Rezept-Seite folgten der Einladung. Wir wurden nicht enttäuscht.
Zu Beginn gab es ein paar einleitende Worte der Leiterin der zentralen Food-Redaktion des Verlages. Diese Redaktion beliefert den Kochteil aller Bauer-Publikationen. Die Leiterin erzählte, dass sie erst seit ein paar Monaten wisse, was ein Blog ist und dass sie Papier liebe. Auch erzählte sie, dass es "Lecker" nicht nur als Internetseite, sondern auch als Zeitschrift gibt. Das war war mal wieder bezeichnend für jemanden aus dem Printbereich und entbehrte einer gewissen Komik nicht. So ziemlich jeder Foodblogger hat das gedruckte Heft in der Hand gehabt - bei den wenigsten scheint bislang ein Besuch der Seite fester Bestandteil des Online-Lebens als Foodblogger zu sein. Ich hätte fast gesagt, dass Foodblogger auch - und sogar mit besonderer Hingabe - Kochzeitschriften lesen, und dass Raumprobleme bei der Unterbringung der Kochliteratur gern unter Foodbloggern diskutiert werden (zumal man dann mal wieder über die vielen Schätze plaudern kann). Und mit Platzproblemen ist nicht etwa die Kapazität von Speichermedien gemeint.
Sei's drum, die Kluft zwischen Print & Online wird viel und kontrovers diskutiert. Bezeichnenderweise war auch keine Redakteurin oder Redakteur aus der Heft-Redaktion dabei. Fairerweise muss man sagen, dass eben die Online-Redaktion geladen hatte und Bauer ist nicht das einzige Verlagshaus, in dem Print und Online redaktionell stark getrennt sind. Mal abgesehen vom Rüberheben von Heftinhalten. Umso netter, dass sich Köche, Stylisten, ein Fotograf und die beiden Redakteurinnen von Lecker-Online Zeit genommen haben, Neugierigen Einblicke in ihre Arbeit zu gewähren. Ich wußte bislang nicht, dass "Lecker" online auch Videos mit Schritt-für-Schritt-Rezepten anbietet.
Anschließend ging es in die Versuchsküche in der sich nicht der allerneuste Schnickschnack, sondern Küchengeräte, die es in Otto-Normal-Küchen auch gibt. Viel interessanter war dann natürlich der Einblick ins Fotostudio. Spätestens beim Anblick der Riesen-Reflektoren wurde den meisten klar, dass das in Räumen mit Standard-Deckenhöhe nicht zu machen ist. Auch eine Fachkamera mit digitalem Rückteil (39 Megapixel!) wird sich wohl kaum jemand privat anschaffen. Die Fachkamera ist über Firewire direkt mit einem Computer verbunden, sodass die Fotos kurz nach dem Auslösen auch schon auf dem Monitor betrachtet werden können. Immerhin habe ich für meine kleine Ixus schon eine Eye-Fi-Karte, die die Fotos drahtlos per WLAN auf meinen Computer überträgt - aber die taugen nur selten für den Druck ;-)
Auch den ersten Food-Styling-Tipp gab im Studio: Suppen werden kalt fotografiert. Damit umgeht man das Problem, dass sich eine Haut bildet. Damit sich Einlagen in der Suppe auch hübsch dekorativ an der Oberfläche halten, war die Schüssel zur Hälfte mit Grieß(pudding) aufgefüllt. Natürlich wird die Suppe auch nicht schon in der Küche in die Schale gefüllt, sondern erst auf dem Fototisch. Das verhindert, dass die Suppe hin- und herschwappt und Spuren in der Suppenschüssel hinterlässt.
Anschließend waren unsere Kochkünste gefragt. Wir wurden per Los in 3 Gruppen eingeteilt: Vor-, Haupt- und Nachspeise. Ich kam in die Dessertgruppe. Von uns wurden Mini-Schokoküchlein, Schokoladen-Creme-Brûlée und eine weiße Mousse au chocolat hergestellt. Kein Firlefanz also. Ich gestehe, dass ich eigentlich gar keine Lust auf Selbermachen hatte, weil sowohl Mini-Muffins, Crème brûlée und Mousse au Chocolat schon zur Genüge gemacht habe und eben "wir machen" sollten - Tipps zum Styling bekamen wir an dieser Stelle nicht. Wobei ich mir schon etwas abgeguckt habe: Wenn man Karamell zubereitet, einfach Wasser in der Spüle bereithalten, damit man den Topf bei Bedarf recht zügig runterkühlen kann. Karamell wurde nämlich recht spontan zubereitet, um nette Karamellspiralen zu zaubern. Das war mein kleines Highlight, denn die hatte ich bislang noch nie gemacht.
Nachdem eine Gruppe mit einem Probeteller fertig war, ging es damit ins Studio. Verschiedene Einstellungen wurden probiert und hier gab es dann auch Tipps, wie man den Teller besser hätte anrichten können (das hätte für mich eher kommen können). Faszinierend ist natürlich die Auswahl der Requisiten - allein die Aufbewahrungsmöglichkeiten würden jede 100qm-Wohnung sprengen. Bei unserem Dessertteller wurde leidenschaftlich über die Frage der adäquaten Espressotasse im Hintergrund debattiert und verschiedene Tassen ausprobiert. In unserer Dessert-Gruppe war das Interesse insgesamt an der Fotoproduktion so groß, dass wir "unsere" Köchin immer wieder im Stich ließen, um begierig Details rund ums Fotografieren aufzusaugen.
Mir persönlich gefielen die Fotos besser als die angerichteten Teller. Dabei waren es ja genau die Teller, die wir zuvor vorbereitet hatten und die auch genauso fotografiert wurden. Die anfängliche Anmerkungung von Ostwestwind, dass ihre Söhne fast verzweifeln, weil das, was sie nachkochen nie so aussieht wie im Heft, wurde so natürlich auch ein wenig verständlicher.
Auf dem Speisezettel standen (aus meiner Erinnerung):
Gebratener Fisch (Zander?) mit Salat, Mango, Kürbiskernen, Parmesankörbchen und Crostini
Schweinefilet mit einer Mandel-Rosmarin-Kruste, Karotten-Kohlrabi-Päckchen und selbstgemachten Nudeln
Schokoladenvariationen: Schoko-Küchlein, weiße Mousse au chocolat und Vollmilch-Schokoladen-Crème-Brûlée (hier meine Version von Creme brûlée aus eingeschmolzenem Weihnachtsmann).
Es war ein schöner Tag, den ich trotz schönem Sommerwetters gern in einem fensterlosen Studio verbracht habe. Dass ich an die Qualität der Studiofotos kaum heranreichen werde, wußte ich schon immer. Jetzt aber weiß ich, dass ich sehr kostengünstig arbeite: Die Produktion eines Foodfotos verschlingt alles in allem ca. 550 Euro.
Bin gespannt auf die Berichte von Foodfreak, Chaosqueen und Küchenlatein.
14 Kommentare
Schöner Bericht, war nett dich einmal live zu treffen. Vielleicht bald einmal wieder?
Hallo Claudia,
vielen Dank für den ausführlichen Bericht über die Foodfotografie. Wäre gerne auch nach Hamburg gekommen, schon allein wegen der Fachkamera, die ich seit der Rollfilmverweigerung meines Labors nicht mehr in der Hand hatte. Aber Sekretärin in Wacken, Frau und Tochter in der Provence, Kompagnon in Düsseldorf auf Montage, Mitarbeiter in Urlaub und einer muss ans Telefon. Schau rein, wenn Du nach Franken kommst,
herwig
Ein interessanter Bericht, der mich verwundert zurücklässt ob der Professionalität mancher Foodblogger. Deren Fotos sehen oft mindestens genau so gut aus, auch ohne riesiges Equipment, ohne Tricksereien und ohne hohe Kosten. Mich interessiert, was gekocht wurde. Eine Komposition zugunsten des Dekomaterials macht für mich keinen Sinn.
Danke dir für die detaillierten Einblicke!
@Ulrike: Ja, gern einmal wieder.
@herwig: Irgendwas machst Du falsch ;-) Die Ausführungen zur Fotografie hätten Dir bestimmt gefallen.
@Jutta: Es ist ja noch etwas anderes, wenn Fotos auch gestochen scharf gedruckt werden sollen. Da können die meisten Foodblogger nicht mithalten. Müssen sie auch nicht. Es ist ein komplett anderes Medium mit einem ganz anderen Konzept. Und was die Kosten angeht: Da schockiert die Zahl erst einmal. Aber die Kosten berechnet kaum ein Foodblogger. Wenn wir jetzt jeden Teller, alle Lebensmittel, Kameraabnutzung (Neuanschaffung), Miete, Strom, Arbeitskraft (inkl. Urlaub und evtl. Krankheit), Internet-Verbindung, Computer und Programme mal so zusammentragen würden, wären die Kosten schon etwas höher. Aber in einem gebe ich Dir natürlich Recht: Es gibt schon sehr tolle Foodblogger, die sehr professionelle Bilder abliefern.
Wow, wirklich sehr interessant, Dein Bericht. Vielen Dank dafür.
Danke für den interessanten Bericht und den Blick hinter die Kulissen. So tricksen (s. Suppe) will ich jedenfalls nicht, dafür hab ich lieber etwas weniger professionelle Fotos. Und ich freu mich auch, wenn bei den anderen das Essen wirklich "essbereit" abgelichtet wird :-)
Auch ich - die ich einige Zeit überlegt hatte, ob ich nicht auch teilnehmen möchte - danke dir vielmals für den interessanten Bericht!
Ich koche ja viel aus diesen Zeitschriften und bin froh, hin und wieder auch ganz passable Fotos hinzubekommen, die denen in der Zeitschrift nicht ganz unähnlich sind, aber meine Suppe ist dann heiß und wird in der Küche eingefüllt und dann zum Fotoplatz getragen :-)
Aber mir ist schon klar, dass das ganz anders funktionieren muss, wenn man die Zeitschrift verkaufen möchte...da geht es um ganz was anderes als bei uns.
Nochmals danke dafür, dass du so ausführlich berichtet hast und schade, dass ich nicht dort war, so hätte ich dich auch mal persönlich kennenlernen können.
Die Erkenntnis, dass online print schlägt, wird sich mit den Jahren auch in den Verlagshäusern durchsetzen. Spätestens dann, wenn die Printmedien nur noch Verluste generieren. Danke für den Einblick in das "Profigeschäft". Ich werde weiterhin keinen Griessbrei kochen.
Okay, mit mehr Requisiten werden die Fotos vielfältiger, aber Deine hier müssen sich nicht verstecken!
Ich mag auch keinen Griesbrei in meiner Suppe haben. Wenn es wirklich nicht anders geht, dann lege ich eine umgedrehte Kaffeeuntertasse in den Suppenteller und fülle bis knapp über dieses Tellerchen. Da kann man die Suppe nachher noch essen. Als Printdesigner traue ich mir mittlerweile auch schon die Prognose zu, dass online print bald schlagen wird. Kochbücher wird es aber sicher noch lange geben. Das ist ein ganz anderes Erlebnis als am Bildschirm. E-Book sind auf Dauer weder angenehm noch gesund für Auge und Gehirn.
Sehr interessant! Ich würde auch gern einmal einen Tag Mäuschen in einer Food-Redaktion spielen
...wirklich sehr interessant! Kann mir schon vorstellen, das die Jungs & Mädels so einige 100 Tricks auf lager haben um das so klasse abzulichten.
Schöner Artikel :-),
bei dem Vorspeisenteller, handelt es tatsächlich um Streifen vom Zanderfilet mit Haut. Deinen Artikel wird in Kürze auch bei uns auf der site (http://rezeptewiki.org/wiki/Rezepte-Wiki:Presse) zu finden sein.
Grüße Andreas aus Bayern
(http://rezeptewiki.org/wiki/Benutzer:Vran01)
Ein tolles Blog und ein interessanter Artikel, es gibt ja 1000 Tricks in der Foodfotografie ... Aber ich muss auch sagen, mir sind schlichte Fotos ohne den ganzen Dekokrams drumrum lieber! Den kann man schließlich nicht essen ;)
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