Neue englische Kochbücher
Von Claudia am Okt 15, 2009 | In Rezensionen, News
Aktuell 2010: Die britischen Neuerscheinungen im Herbst!
Nach meiner Vorstellung der Kochbuch-Neuheiten in Deutschland, jetzt einmal ein Überblick über die Kochbücher in Großbritannien. Für Kochbuch-Liebhaber in Deutschland ist es immer recht schwer ein Buch aufgrund der Amazon-Rezensionen oder anderen Quellen her zu beurteilen. Ich wurde auch schon ein paar Mal enttäuscht, auch wenn Rezensenten des Buches voll des Lobes waren. Aber kenne ich die Rezensenten? Letztlich immer eine Frage des Geschmacks! Hier nun als die neuerschienen Kochbücher des Herbstes. Einige davon habe ich (oder warte auf ihre Ankunft), andere stelle ich - auch wenn ich mich um eine Einordnung bemühe - einfach als Neuerscheinung vor. Die Amazon-Links führen zu amazon.co.uk - ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Bücher trotz des hohen Portos günstiger sind als in Deutschland. Und verschickt wird ohnehin von Deutschland aus ...
Einer der profiliertesten Food-Journalisten in Großbritannien ist Nigel Slater. Seine Bücher sind Bestseller, ich schätze seine Kolumnen im Guardian (so wie ich überhaupt finde, dass es in Deutschland leider keine vergleichbare Tageszeitung gibt, die dem Thema Food so gebührend viel Platz einräumt). Tender: v. 1: A Cook and His Vegetable Patch ist Slater's neustes Buch und ich habe es fast ehrfurchtsvoll in die Hand genommen. Es ist sehr schön aufgemacht und folgt nicht den kreischend bunten Büchern, die durchs Cover zum Kaufen animieren. Was wiederum mein Interesse weckt ... Das Buch mit seinen 620 Seiten ist zwar reich und schön bebildert, wer allerdings zu jedem Rezept ein Bild erwartet wird enttäuscht. Das Buch wendet sich zudem auch an Leser, die etwas über Gemüse und alte, fast vergessene Sorten erfahren möchte. Nigel Slater gewährt außerdem Einblicke in seinen eigenen Anbau. Das erinnert ein wenig an River Cottage und Jamie at Home - kommt aber intellektueller (aber nicht oberlehrerhaft!) daher. Schließlich ist Slater in erster Linie Autor und weiß Geschichten zu erzählen. Außerdem angenehm, dass man das, was im Buch steht, nicht schon im Fernsehen (bzw. auf DVD) gesehen hat.
Sehnsüchtig von mir als großer River-Cottage-Fan erwartet: River Cottage Everyday. Das Buch bietet ländlich-bodenständige Alltagsküche und berücksichtigt auch Reste, aus denen wiederum leckere Gerichte gekocht werden können. Zu jedem Rezept gibt es ein ebenso bodenständiges Foto. Fairerweise sei aber gesagt, dass diese Rezeptsammlung etwas hinter den monothematischen Schwergewichten The River Cottage Meat Book und The River Cottage Fish Book hinterherhinkt - aber "River Cottage Everyday" ist eben auch kein umfassendes Kompendium zum Thema Fleisch.
Als ich Clarissa Dickson Wright zum ersten Mal auf einem Buchcover sah, war ich einigermaßen belustigt. Die dicke Dame wurde auf der Insel vor allem durch die Serie "Two Fat Ladies" bekannt. Auf Verdacht bestellte ich das 2008 erschienene Clarissa's Comfort Food - und wurde nicht enttäuscht. Für deutsche Verhältnisse muss man schon hartgesotten sein, denn hier geht es um britisches Comfort Food. Frühstück beginnt mit Porridge. Dickson Wright schreibt:
"When my grandfahther worked as a doctor in the slums of Glasgow, the tenement dwellers would make a batch of porridge once a week and pour it into a lined drawer. They would then cut off a slice as required and either eat it cold or reconstitute it in boiling water. [...] Those of us who have survived the perils of boarding-school food will know only too well the horrors of burnt porridge. I takes only a momentary lapse of concentration for the oats to catch, so I always cook mine in a double boiler, perferably an enamel one. [...]"
Neben Porridge gibt's zum Comfort-Frühstück bei Dickson-Wright nur noch Räucherfisch. Doch genug von diesem Buch - das soll ja nicht in eine komplette Rezension eine älteren Buches ausarten. Diesen Herbst ist jetzt wieder etwas Autobiographisches von Clarissa Dickson Wright: Rifling Through My Drawers: My Life in a Year. Noch nicht bestellt, aber auf der der Wunschliste.
Bei kaum einem Buch habe ich bei der Bestellung länger gezögert als bei diesem: Delia's Happy Christmas von Delia Smith. Mrs. Smith war eine der ersten großen Fernsehköchinnen in Großbritannien. Ihrem Selbstverständnis nach gehörte sie immer eher ins Bildungsfernsehen denn in den Showbereich. Ihre Bücher werden selbst nach Jahrzehnten noch einmal neu aufgelegt, ihr "How to Cheat on Food" ist ein Bestseller. In dem Buch erklärt sie, wie einem Fertigprodukte im Alltag helfen können. Eigentlich so gar nicht mein Ding und ihr legendärer Hinweis, dass man ruhig gefrorenes Kartoffelmus kaufen kann, setzen ihre Bücher einem No-Go gleich. Aber ich bin neugierig und möchte mir einmal ein Bild von ihren Büchern machen. Und weil dieses Buch gerade erschienen ist und die amazon.co.uk-Bestsellerliste der Kochbücher erklommen hat: Bestellt. (aber noch nicht eingetroffen)
Everyday Harumi: Simple Japanese Food for Family and Friends. Die Bücher der Japanerin erscheinen seit ein paar Jahren auch auf deutsch. Bei ihrem neusten Werk geht es um einfache japanische Gerichte, die auch zu Hause zubereitet werden können. Die sollen sowohl alltagstauglich als auch für "family & friends" geeignet sein.
Klar, dass pünktlich zum Serienstart auch ein neues Buch von Jamie Oliver in den Buchläden stehen muss. Jamie's America ist das Begleitbuch zur Serie, die momentan auf Channel 4 läuft. Aber man versteht das Buch auch ohne TV. Jamie Oliver war 18 Monate in den USA unterwegs, abseits der ausgetretenen Touristenpfade verbrachte er einige Tage mit Cowboys, suchte in der City of Angels nicht das glitzernde Hollywood, sondern die häufig von Gewalttaten gebeutelten Viertel der Bad Guys auf. Das kann keiner so glaubwürdig wie der "Essex Boy". Die Rezepte sind nicht die original amerikanischen Versionen, sondern Jamies Interpretationen, die den Originalen aber recht nahe kommen.
The Hairy Bikers' Food Tour of Britain - Zwei stark behaarte Biker auf Food-Tour durch Britain. Darauf kommen nur exzentrische Briten. Auch hier begleitet das Buch eine Serie, die wohl recht erfolgreich gewesen sein muss. Ohne die Serie gesehen oder das Buch in der Hand gehabt zu haben: Das Cover ließ mich meine Neugier erste einmal vergessen ...
Und gleich noch ein Buch zur Serie: Der Musiker und mittlerweile Multimillionär Levi Roots macht Laune auf karibisches Essen - sogar im bisweilen unwirtlichen Schottland. Caribbean Food Made Easy. Einige Rezept gibt es übrigens auf BBC online. Besonders angetan hat es mir sein Rezept für Pineapple in lime, vanilla and rhum syrup.
Weniger bekannt in Deutschland ist Rachel Allen. Und da mittlerweile alles "celebrity" ("Promi") ist, was im TV erscheint, ist die Irin eben auch ein "celebrity chef". Ich finde, sie kommt sehr sympathisch rüber, ich selbst habe von ihr das Buch "Bake". Jetzt erschien ihr Buch Home Cooking.
Eine Konstante im britischen Kochbuch-Business sind die Bücher aus dem River Café. Nicht nur Köche wie Jamie Oliver oder Hugh Fearnley Whittingstall haben dort gearbeitet, die beiden Betreiberinnen, schreiben auch selbst viel: The River Cafe Classic Italian Cookbook ist die Essenz von einem mehrwöchigen Italienaufenthalt, bei dem die beiden Köchinnen auf der Jagd nach neuen Tricks und alten Küchengeheimnissen waren.
Nutmeg and Custard heißt das mittlerweile 3. Kochbuch von Marcus Wareing. Wer die britische Kochszene ein wenig verfolgt, für den ist Wareing kein Unbekannter: Er ist Zögling und (dank Kommentarhinweis: ehemals) Freund von Gordon Ramsay. Momentan hat er zwei Sterne im Restaurant The Berkley im gleichnamigen Hotel.
Anhänger der molekularen Küche werden sich auf The Fat Duck Cookbook stürzen. Heston Blumenthal kocht seit Jahren in seinem Restaurant "The Fat Duck" mit an der weltweiten Spitze der molekularen Küche.
Für alle, denen die 118 Euro für die dt. Ausgabe zu viel sind, sei der New Larousse Gastronomique for momentan knapp 35 GBP (empfohlener Verlagspreis 60 GBP) ans Herz gelegt. Ein Schwergewicht im doppelten Sinne mit über 1100 Seiten bringt Warenkunde und Zubereitungstechniken nahe - mit vielen Fotos. Insgesamt werden außerdem 85 Küchenchefs vorgestellt.
Wer möchte nicht auf der Höhe der Zeit sein und wissen, wo zurzeit am innovativsten gekocht wird? Und wer könnte das besser beurteilen als die weltweite Topten der Spitzenköche? Coco: 100 Emerging Culinary Stars Chosen by 10 of the World's Greatest Chefs heißt das Werk von Ferran Adria (Spanien), Mario Batali (USA), Rene Redzepi (Dänemark), Alice Waters (USA), Jacky Yu (Hong Kong), Gordon Ramsay (UK), Ferguson Henderson (UK), Shannon Bennett (Australien), Alain Ducasse (Frankreich) und Yoshihiro Murata (Japan). Gemeinsam haben sie 100 Köche herausgesucht, die für ihren Geschmack herausragend kochen und von denen wir möglicherweise in Zukunft noch hören werden.
"Schwein & Sohn" war schon genial, der Wälzer "Ripailles" (dt. Titel "Vive la France") toppte das Ganze noch einmal. "Terrines" war ebenfalls großartig und jetzt kommt der frz. Metzgersohn mit Rôtis - einer Hommage an den Braten. Ein schönes Buch mit vielen Ideen und Tipps zum Thema Braten.
Supper for a Song heißt das neuste Buch von Tamasin Day-Lewis (Schwester von Schauspieler Daniel!). Mit ihren Rezepten möchte sie zeigen, dass gut essen keine Frage des Geldbeutels ist. Das Buch würde ich gern einmal in die Hand nehmen, zumal ich auch von Day-Lewis' Buch The Art Of The Tart sehr beeindruckt war.
Insgesamt reizen mich diesen Herbst die britischen Kochbücher deutlich mehr als die deutschen Neuerscheinungen. Ich frage mal provokant: Machen die Engländer wirklich die besseren Kochbücher?
Britische Kochbücher: Neuerscheinungen Herbst 2010
Hier noch einmal mein Vergleich der Kosten beim Bestellen bei amazon.co.uk, amazon.com, amazon.de und anderen Versendern.
Meine Weihnachts-Tipps für Foodies 2009
5 Kommentare
Machen die Engländer wirklich die besseren Kochbücher?
Eindeutig! Sie kochen highend auch origineller als die Deutschen/Österreicher.
River Cottage Every Day werde ich mir nich tkaufen, aber du hast mich auf das Fish-Book aufmerksam gemacht. Wenn es nur halb so gut wie das Meat-Book ist, super! Und der Blumenthal muss auch ins Regal. Danke für die Rezensionen!
Vielen Dank für die Mühe, es sind wirklich interessante Sachen dabei.
Danke fuer die Kochbuchtips. Eine kleine Anmerkung zu dem Abschnitt ueber Marcus Wareing: "Nutmeg and Custard" ist mitnichten Wareings Kochbuchdebut - "How to cook the Perfect ... " und "One perfect Ingredient, three Ways to cook It" sind beide schon 2007 erschienen. Und mit der Freundschaft zwischen Wareing und Ramsay ist es leider auch nicht mehr so weit her, seit es zwischen den beiden zum Rechtstreit um das Restaurant "Petrus" kam.
Vor allem aber vielen Dank fuer die Tips, bei dem ein oder anderen juckt es mich doch in den Fingern. Die Englaender scheinen mittlerweile tatsaechlich die interessanteren Kochbuecher zu schreiben.
@MatthiasC: Vielen Dank für die Info - mein Stand bezüglich der "Freundschaft" von G. Ramsay und M. Wareing lag vor 2007 - ohne um die Hintergründe zu wissen: Ramsay scheint sich nicht nur vor der Kamera schnell Feinde zu machen ...
Aus der Ferne bekommt man von dem ganzen Zoff nie etwas mit.
Und natürlich ist es Wareings 3. Kochbuch. Ist mir immer noch schleierhaft, wo ich das her habe.
Hallo Claudia,
hast Du bitte auch Empfehlungen für die französische Kochbücher?
Liebe Grüße
Karolina
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