River Cottage - Tag 4
Von Claudia am Okt 11, 2010 | In News, Fool for photos, Pasta, Landleben
Der 4. Tag in der Küche begann mit einer Fahrt durch Morgennebel, doch schon im Laufe des Vormittags setzte sich die Sonne durch. Und ich durfte endlich an den Herd.
Erste Vorbereitungen vormittags: Rosmarin pflücken und für den Brotkurs vorbereiten, den Dan Stevens, Autor des Buches Bread: River Cottage Handbook No. 3, leitete. Rosmarin gedeiht auf der Farm schlecht, doch irgendwann hatte ich genug Zweige. Rosmarin wurde einerseits für die Focaccia benötigt, die die Teilnehmer backen würden, andererseits aber auch für die Pizza. Auf Tomatensauce wollte Dan nämlich verzichten und so bereitete ich aus Rosmarin, Knoblauch, Olivenöl und Meersalz eine dickliche Sauce zu. Flüssiger als Pesto, sodass sich diese Würzkombi gut auf dem Pizzateig verteilen ließ.
Als ich mit weiteren Aufgaben fertig war, dann die Frage: "Kochst Du das Essen für die Mitarbeiter?" Schock, schwere Not. Für Gäste kochen war bislang nie ein Problem für mich. Aber für Köche? Die merken doch sofort jeden Fehler. Und was überhaupt sollte ich kochen? "Guck mal in den Kühlschrank. Das sind noch Reste da. Mach irgendwas aus den Resten." Und was hatte ich für ein Glück! Dort stand eine Schale mit würzig mariniertem roten Knurrhahn. Ein paar geputzte Karotten. Für 6 hungrige Leute aber eindeutig zu wenig. Nicht nur in der Not ist eine Packung Spaghetti dein Freund. Ich fragte zaghaft, was denn mit den 6 kleinen Knurrhahn-Filets sei. Die kannst Du auch haben. Großartig!
Meine Idee: Feingewürfelte Zwiebel, ebenso fein gewürfelte Karotten, eine kleine, nicht zu scharfe Chilischote, alles angeschwitzt in Olivenöl, dazu die marinierten Fischstücke. Pasta darin geschwenkt, ein wenig gehackte Petersilie oben drauf. Davon hatte ich ohnehin zu viel gemacht. On top: ein knusprig gebratenes Knurrhahn-Filet.
Ich setzte die Karotten mit Zwiebel und Chili in Olivenöl auf und brachte einen großen Topf Wasser zum Kochen. Die Packung Spaghetti umklammerte ich fest und knallte sie auf die Arbeitsfläche, um sie fachmännisch zu öffnen. Klappte beim ersten Anlauf, hat aber leider keiner gesehen. Die Spaghetti können ins gesalzene Wasser. 7 Minuten steht auf der Packung. Ich stelle den Timer auf 6 Minuten. Jetzt muss alles recht schnell gehen. Ich hatte mir schon einen Teller mit Mehl hingestellt. Ich gab Salz und Pfeffer ins Mehl und wendetet die Knurrhahn-Filets nur kurz drin, klopfte das überschüssige Mehl schnell ab. Jetzt aber erst einmal den marinierten Fisch zu den Karotten und Zwiebeln. Noch 4 Minuten, dann sind die Spaghetti fertig. Nächste Pfanne mit etwas Olivenöl auf den Herd. Dank Gas geht hier ja alles ruckzuck.
Die Knurrhahnfilets gehen in die Pfanne. Hautseite nach unten. Sie sind etwas eingeschnitten, damit sich die Filets nicht zu stark wellen. Um die Filets jetzt noch großartig zu beschweren, damit sie schön Kontakt mit dem Pfannenboden behalten - dazu fehlt die Zeit. Nudeln abgießen. Fischfilets wenden. "Sauce" abschmecken. Das hatte ich mir gedacht: Die Marinade war recht salzig. Geht aber. Bloß keine weitere Würze. Mit den Nudeln vermischen und auf die vorbereiteten Teller geben. Ich drehe die Pasta ein wenig mit der Zange, damit es auch schön ausschaut. Darauf gehackte Petersilie. Pro Teller ein Filet oben drauf, das ich zum Schluss noch mit einem Stück Butter in der Pfanne geschwenkt hatte. Fertig. Die Pasta hat Biss, die Fischfilets sind knusprig aber nicht zu gar. Durchatmen. Es schmeckt allen. Nur ein Kitchen Porter (KP, Küchenhilfe - sehr wichtig!) isst nicht. Er isst keinen Fisch. Ein Wort und ich hätte ihm was anderes zur Pasta gemacht. "I like your food", sagt ein Koch. Ich freue mich und esse entspannt weiter.
Pasta mit KnurrhahnEine Portion ist übrig geblieben. Ich habe sie mit Klarsichtfolie abgedeckt. Was einen Koch dazu veranlasst hat, den Teller so in den Ofen zu stellen - ich habe keine Ahnung. Zumindest ging der Fisch im Ofen mit der Folie eine untrennbare Verbindung ein. Ob das der selbe war, der zum Blindbacken einer Tarte Klarsichtfolie verwendet hat? Im Zweifel für den Angeklagten. War bestimmt jemand anderes.
Irgendwann sind die Kursteilnehmer mit Pizzabacken fertig. Nun darf wer will selbst Pizza backen. Ich will. Der Ofen auf dem Hof wurde schon den ganzen Morgen über mit Holz befeuert. Draußen stehen Holztische. Ich rolle den Teig natürlich nicht aus, sondern dehne ihn über meine Handflächen. Zu groß für den Brotschieber, sodass ich später meine Pizza halbieren muss. Das Einschießen klappt. In Ballymaloe hatte ich dazu auch schon einmal Gelegenheit - damals habe ich zu weit eingeschossen, sodass die Pizza letztlich nur zur weiteren Befeuerung des Ofens taugte. Diesmal bin ich gefühlvoller und alles klappt. Nach einer Minute drehe ich meine Pizza einmal - die Temperatur ist gigantisch. So heiß muss es sein, wenn man in der Hölle schmort.
Später helfe ich beim Ofenreinigen und hole die glühenden Holzscheite und Asche mit einem Stahlschieber aus dem Ofen. Noch viel heißer! Die Idee eines Kochs, mit einem BESEN die Asche rauszukehren verdutzt mich. Wie erwartet fangen die Borsten des Besens an, fröhlich wegzuglühen. Der Ofen ist nach dem Auskehren noch so heiß, dass die Kursteilnehmer darin ihre Brote backen können.
Der restliche Tag ist unspektakulär. Ich will aber nicht verschweigen: Es wird viel geputzt in der Küche. Dass jeder seinen Arbeitsplatz sauber hält, ist Ehrensache ("clean as you go" genannt). Und weil Sonntag war und die Kursteilnehmer ja ihre Pizza selbst gemacht haben und erst gegen 16 Uhr einen Rinderschmortopf bekamen, wurde gründlich auch das letzte Regal ausgeräumt, Weinflaschen gleichen Inhalts zusammengegossen und alles weggeräumt, was nicht in die Küche gehörte. Eigentlich war ich für 9 Stunden eingeteilt, durfte aber dann früher gehen, sodass ich noch für einen Spaziergang nach Lyme Regis gefahren bin. Seeluft schnuppern. Morgen geht's wieder in die Küche.
Mehr zu meiner River-Cottage-Zeit
River Cottage - Tag 1
River Cottage - Tag 2 & 3
River Cottage - der "Bread & Build"-Tag (Ofenbaukurs)
River Cottage - Tag 6 - meine Aufgabe: Sausage Rolls
Bridport Farmers' Market
9 Kommentare
Vielen Dank für Deine ausführlichen Berichte. Den Ofen mit einem Besen auszukehren, ist in der Tat ungewöhnlich. Der Besenverschleiß dürfte da wohl recht hoch sein?! ;)
Super ausführlich, danke für die Lektüre :-) Echte Chemiker wischen die Asche mit den Händen raus :P
Auf die Idee mit dem Auskehren des heissen Ofens mit einem Besen wäre ja selbst mein Patenkind nicht unbedingt gekommen oder das mit der Frischhaltefolie..man könnte jetzt auch sagen typisch British?
@allesistgut: Das war wohl eine Ausnahme. Das scheint sonst niemand hier so zu machen. Gestern war der Ofen wieder in Betrieb - kein Besenverschleiß.
@Monika: Echte Chemiker erkennt man meist auch an den Händen ... ;)
@Tina: Nein, das ist sicher nicht "typisch britisch". Ich schreibe so etwas immer den betreffenden Leute zu, nie einem ganzen Volk ;)
Gestern wurde übrigens erklärt, dass man dem Ofen mit einem feuchten Tuch und dem Metallschieber den letzten Schliff versetzt, damit wieder direkt auf dem Boden gebacken werden kann.
Die Berichte sind wirklich toll, danke fürs "miterleben" lassen:-)
Liebe Claudia, ich lese schon so lange mit, und heute muss ich es endlich mal schreiben: Vielen Dank für die überaus sympathischen, interessanten Berichte aus deiner Küche und auch aus anderen! Dein Blog wird in allen wichtigen Koch- (=Lebens-...)fragen konsultiert.
@Frau Sonntag, @Anette: Vielen lieben Dank! Es macht auch sehr viel Spaß so viel Neues zu erleben und darüber zu berichten!
Krass schöne Aussicht auf dem ersten Bild! Mein Kompliment für das schöne Foto!
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