River Cottage Canteen in Axminster
Von Claudia am Dez 8, 2009 | In Restaurants
Ich habe mich ja schon mehrmals als großer Fan der britischen Doku-Serie "River Cottage" geoutet. Als für meinen Aufenthalt in Cornwall die Strecke London-Cornwall zu bewältigen war, schaute ich vorab auf die Karte. Ein Umweg über Axminster mit einem Besuch der River Cottage Canteen und somit eine Überlandfahrt durch die schöne Landschaft von Devon und Dorset sollte meinen Tag bereichern.
Mein Zeitplan passte perfekt, sodass ich zur Mittagszeit in dem kleinen Ort ankam. Es war recht voll - das hatte ich an einem Wochentag im November nicht erwartet. Ein buntgemischtes Publikum aus älteren Leuten und jüngeren Paaren mit Kind, ein paar Geschäftsleute speiste in dem hellen und hohen Raum.
Die Karte wechselt häufig und so ist alles mit Kreide auf eine Tafel geschrieben. Ich studierte die Karte kurz und entschied mich für "Pheasant Breast Bacon + Tomato Bap, Dressed Leaves, Chips, Aioli" für 10 GBP. Das Wörtchen Bap überlas ich dabei geflissentlich, weil es mir nichts sagte. Und so war ich denn auch etwas überrascht, als ich einen Burger vor mir hatte. "Bap" heißt im Südwesten und einigen anderen Regionen häufig nichts anders als "Brötchen" wie ich später erfuhr. Für einige Leute ist ein "Bap" etwas größer als ein normales Brötchen ("roll"), in anderen Gegenden gibt es kein "Bap" sondern ein "Cob" - etwa in der Gegend um Derby.
Das Brötchen war außen leicht knusprig, innen fluffy - ein Brötchen wie man es wohl kaum in Großbritannien erwarten würde. Der Burger insgesamt sehr aromatisch und saftig. Meine Befürchtung, dass Fasanenbrust leicht sehr trocken sein kann, bestätigte sich nicht. Der Salat dazu leicht und lecker angemacht, die Aioli ebenfalls "comme il faut", die Pommes dazu sehr, sehr lecker und keine Industrieware. Hätte ich dem Betreiber Hugh Fearnley Whittingstall auch übel genommen. Insgesamt ein schönes Mittagsmahl. Auch an den Nachbartischen überall nett angerichtete Speisen. Mehrere Leute hatten sich ebenfalls für den Burger entschieden. Als Getränk dazu gab es für mich ein "Elderflower Bubbly" - eine unglaublich leckere Holunderblüten-Limo wie ich sie sonst nur frisch gemixt bekommen habe. Die letzten Holunderblüten-Sirup-Getränke, die ich in Deutschland probiert hatte (auch aus dem Bio-Laden!) hatten mir immer noch zu viel aromatisches Beiwerk dabei, sodass vom Holunderblütenaroma selbst nicht viel übrig blieb. Aber dieses Gesöff von Luscombe war recht pur - abgesehen von ein wenig Weißweinessig und Zitrone - wahrscheinlich um die Säure noch ein wenig mehr zu pointieren.
Zum Nachtisch für mich den Brownie mit gerösteten Haselnüssen und Vanille-Joghurt. Die Hälfte davon wäre als Nachtisch schon reichlich gewesen, aber diesen Brownie konnte ich nicht schaffen. Sehr dicht und schokoladig - ein Brownie halt, aber nichts besonders. Gut gefielen mir als Texturgeber die Haselnüsse, als leicht säuerlich, frischer Kontrapunkt der Joghurt. Werde ich mir merken.
Insgesamt bin ich mit meinem Mittagsmahl zufriedener als der Kritiker vom Independent: Der hatte im Sommer gefordert, doch etwas mehr Sorgfalt in die Zubereitung der Speisen zu legen. Recht gebe ich allen Kritikern, dass die Preise recht gepfeffert sind. Ein Mittagsmenü, wie es in Bath wohl für 10 Pfund zu haben ist, wäre auch hier angebracht. Knapp 20 Pfund für Hauptgericht und Nachtisch plus ein alkoholfreies Getränk - das ist schon eher etwas für besondere Tage, besonders wenn man bedenkt, dass die Canteen sich in einer Kleinstadt in einer ländlichen Gegend befindet.
Ich schwatze noch ein wenig mit der netten Bedienung und erfahre, dass ich einen Tag früher hätte da sein müssen: Da war Hugh Fearnley Whittingstall nämlich persönlich anwesend. Gestaunt hat meine Gesprächspartnerin darüber, dass River Cottage und damit "Hugh" kaum in Deutschland bekannt ist.
Der Weg nach draußen führt wieder durch den "local produce shop", wo man Obst, Gemüse, Käse, Wurst und Getränke aus biologischem Anbau - vieles von der River Cottage Farm - kaufen kann. Die Wurstauswahl war klein, das Angebot an Käse umwerfend vielfältig - ohnehin ein Umstand, der in Großbritannien auffällt: Die Auswahl an heimischem Käse ist sehr groß und geht weit über Cheddar und Stilton hinaus.
Die River Cottage Bücher gibt es in dem Shop natürlich auch, insgesamt fand ich den River-Cottage-Kult dort angemessen und nicht übertrieben, auch wenn der Observer-Autor (allerdings über die Canteen in Bath) schrieb, dass das alles etwas zu viel sei. Auf den Tischen des Bistros jedenfalls gab es keine aufdringliche Werbung. Das ist eben immer so: Da ist einer mit einer guten Idee sehr erfolgreich - und darf logischerweise daran auch verdienen. Und schon wird es ihm geneidet - selbst wenn Journalisten zugeben müssen, dass Hugh Fearnley Whittingstall Großes für eine Änderung der Einkaufsgewohnheiten der Briten geleistet hat. So jemand fehlt uns in Deutschland noch. Das können die ganzen gecasteten Klone unserer Koch- und Doku-Sendungen nämlich nicht schaffen.
Wäre die River Cottage Canteen bei mir um die Ecke, ich würde dort gelegentlich vorbeischauen. Es war ein netter Abstecher abseits der Reiseroute - noch einmal würde ich das allerdings nicht machen, denn meine Neugier ist befriedigt. Was ich mir allerdings vorgenommen habe: einmal ein paar Tage in Dorset oder Devon zu verbringen.
The River Cottage Canteen
Trinity Square
Axminster
Devon EX13 5AN
Mein Traum wurde wahr: Im Oktober 2010 habe ich 2 Woche in der River-Cottage-Küche bei Head-Chef Gill gearbeitet:
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10 Kommentare
Dass River Cottage in Deutschland nicht so bekannt ist, könnte damit zusammenhängen, dass es die wunderbaren Kochbücher nicht auf Deutsch gibt und die Sendungen, meines Wissens nach, auch nicht im deutschen Fernsehen laufen. Oder irre ich mich da?
Seit ich ein bisschen mehr auf meine/unsere Ernährung achte, bin ich ein Riesenfan von River Cottage. Man kann sich gegen Hugh und seine überschwengliche Begeisterung für alles, was da im Boden sprießt, einfach nicht wehren :-)
@Anke: Ja, das hängt sicher damit zusammen, dass es von River Cottage nichts auf deutsch gibt.
Ich bin allerdings ein wenig froh darüber, dass Hugh nicht synchronisiert wird. Könnte mir beispielsweise Jamie Oliver auf deutsch überhaupt nicht angucken - so schlecht haben die das gemacht.
Hugh hat sogar ausprobiert, ob man Nacktschnecken nicht einfach essen kann. Trotz großer Bemühungen musste er dann feststellen: War alles sehr lecker, aber die Schnecken sollte man beim nächsten Mal weglassen. Großartig!
"Hugh's Chicken Run" war ein sehr wichtiger Meilenstein im Kampf gegen Legebatterien. Das traut sich hierzulande niemand.
Das macht Lust zum Verreisen, überhaupt liebe ich England!!!!!! Wenn du schreibst es war voll, auf den Bildern wirkt es doch sehr leer?
@Katharina: Ist mir auf dem Bild auch aufgefallen - als ich kam war es voll, zwei Tische reserviert und noch ein freier Tisch für mich. Als ich fertig war mit essen und ein wenig Erholung war zumindest der hintere Teil leer. Da näherten wir uns auch schon fast dem Ende des Mittagsangebots.
Schade, dass ich zuvor noch nichts von Hugh & seinem Laden gehört habe. Wir sind diesen Mai die Küste Südenglands bis Cornwall abgefahren und haben dann nahezu dieselbe Strecke wie du zurück Richtung Londen genommen.
Da hätten wir bestimmt in der River Cottage Canteen ebenfalls eine Mittagspause eingelegt.
Und was ich vergessen habe: wir waren damals auch total begeistert von der riesigen Auswahl an englischen Käse, die meistens auch noch richtig gut mundeten. Überhaupt wächst das Bewusstsein & der Stolz der Engländer auf ihre Produkte und das fanden wir richtig toll.
Interessant... ich war ja schon lang nicht mehr in GB.. aber mein Mann(Schotte) lebte lange Jahre in London und ich auch die erste Zeit mit ihm.
Schon ne Weile her, aber ich war damals in LOndon im Supermarkt (vielleicht algs auch daran?) überrascht, die hatten dort zig Käsesorten.. und alle waren Cheddar! :(
englischer, reifer, junger, irischer, sachottischer alter.... und ab und zu mal ein wenig Caerphilly Cheese (Lecker!!)
Ja so viele unterscheidliche Würste gibt es nicht in einer Region, aber jede hat irgendwie ihre Variante von meist Bratwurst.
*tip*
Holundersirup ist gaanz leicht selber zu machen!
Mach ich fast jedes jahr ohne Zusätze und ohne Rezept, frei nach Schnauze.
Blütendolden aufkochen, abseihen, neue Blüten in den Sud, 2-3x wiederholen, ordentlich Zucker rein, bissel Säure (Zitronen-Wein- oder Essig- ) so nach Gefühl, bis es "ordentlich" süß-sauer ist.
Riecht aber streng... zuerst dachte ich es wär was falsch, aber es sind die konzentierten Aromen :)
Hält sich gut und ist leicht in oberleckere Getränke und Desserts zu verwandeln!!
Herzliche Grüße,
Monika
Ich habe erst recht spät für mich Jamie Oliver entdeckt und habe alle originalen DVDs gekauft. Nach der "At Home"-Serie bekam ich die River Cottage DVDs geschenkt, was für mich ein wirkliche Sensation war. Hugh Fearnley-Whittingstall ist ein ganz großer!!! Ich kann nur allen empfehlen, seine DVDs mal anzusehen.
Besonders großartig finde ich neben seinem Engagement für Hühner die Kooperation mit Channel 4 zum Thema "Landshare". Das ist eine wirklich großartige Idee, die sich europaweit verbreiten sollte, damit die Leute wieder einen ordentlichen Bezug zu produzierten Lebensmittel bekommen und letztlich damit endlich der Verbraucher wieder mehr Macht gegenüber der Lebensmittelindustrie bekommt, in dem er statt nur zu konsumieren selber produzieren kann.
Wir sitzen vor dem Fernseher und schauen begeistert die DVD River Cottage Forever die mein Sohn aus Australien mitgebracht hat.Er ist ein großer River Cottage Fan.Ich lese gerne Deinen Blog,Deine Beiträge gefallen mir sehr gut- auch Deine Art zu schreiben gefällt mir gut.Jetzt finde ich River Cottage bei Dir- nicht schlecht.
Liebe Grüße Angelika
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