Spiralen und andere Verzierungen aus Karamell
Von Claudia am Aug 25, 2009 | In Süßes, Tipps & Tricks, Selbstgemachtes
Gesponnener Zucker (Engelshaar), Karamell-Spiralen und andere Zuckerornamente verzieren in Restaurants gern Desserts und entlocken den meisten Menschen Bewunderung ob der artistischen Leistung des Pâtissiers. Das ist einerseits angebracht, weil es tatsächlich etwas Mühe macht, andererseits kann das jeder auch Zuhause fabrizieren.
Das Rezept ist denkbar einfach, denn außer Zucker wird nicht genötigt. Aber den muss man schon beherrschen ... Bevor man anfängt, sollte man sich alles zurecht legen: Einen Kochlöffel aus Kunststoff mit zylindrischem Stiel - bitte keine verdickte Endung oder gar eine Öse zum Aufhängen, das macht die Herstellung von Zuckerspiralen unmöglich. Ein Edelstahl-Kochlöffel geht auch, Holz erweist sich bisweilen als schwieriger: Rauhe Holzkochlöffel sind ungeeignet, sehr glatte, vielleicht schon lange in Benutzung befindliche Löffel gehen aber auch. Blöderweise sind die stinknormalen Kochlöffel etwas selten geworden, die Küchengadet-Industrie will einem ganz verschiedene Löffel andrehen und so hatte ich persönlich meine liebe Not und nahm letztendlich den Teigverteiler für Crêpes, weil viele meiner Kochlöffel entweder keinen runden Stiel hatten oder ein verdicktes Ende hatten.
Nun zum Karamell: Man gibt Zucker (100 bis 200 g reichen fürs Ausprobieren) in einen Topf und erhitzt ihn. Das geht auf einem Gasherd besonders gut, weil man die Hitze später, wenn der Zucker karamellisiert, besser regulieren kann. Ich habe aber auch nur eine normale E-Herd-Platte. Dann sollte auf jeden Fall die Platte daneben frei sein, damit man den Topf zwischendurch aus der Hitze nehmen kann. Neben den Herd gehört dann eine Lage Backpapier auf die man die fertigen Verzierungen geben kann.
Wer ein Zuckerthermometer hat, kann das zur Kontrolle einsetzen. Man erhitzt also den Zucker - und rührt bitte nicht drin rum!. Der Zucker wird flüssig. Er blubbert, dann wird er erst leicht gelblich, dann nimmt er einen schönen goldenen Karamell-Ton an. Kurz vorher geht man mit einem Löffel ins Karamell. Man merkt: Das Karamell ist flüssig und lässt keine Kunststücke zu. Ab ca. 152 bis 155° C fängt das Karamell zäher zu werden und Fäden zu ziehen. Jetzt den Topf unbedingt von der Kochstelle nehmen und anfangen "zu spinnen": Mit einem Holzlöffel oder einer Gabel oder einem Esslöffel zieht man lange Fäden aus dem Topf und wickelt sie recht zügig um den Kochlöffelstiel. Es bleibt ein langer Faden hängen, den man abbricht und zurück ins Karamell gibt. Das Karamell erstarrt sofort und man kann es mit bloßen Fingern vorsichtig vom Kochlöffel ziehen. Die sehr zerbrechliche Spirale legt man dann aufs Backpapier. Dann die nächste Spirale wickeln.
Dann wird das Karamell langsam fester und feine Spiralen bekommt man nicht mehr hin. Das ist der Zeitpunkt das Karamell wieder zu erwärmen. Dann die nächsten Spiralen und so weiter. Das ist etwas mühsam und auch das Wickeln der Spiralen erfordert etwas Übung - nicht gelungene Spiralen kann man gleich wieder ins Karamell geben. Ich habe übrigens auch mit einem Kochlöffelstiel experimentiert, bei dem der Stiel aus zwei Edelstahlstäben besteht. Diese Spiralen werden flacher, aber notfalls geht auch das.
Wem diese Spiralen zu viel Heckmeck sind und motorisch überfordern, kann das fädige Karamell auch ganz einfach über eine umgedreht Schale geben und ein dichtes Netz "weben". So erhält man kleine Karamellschälchen. Oder man kleckst einfach Karamell aufs Backpapier und "kritzel" Linienmuster. Die lassen sich später ebenfalls gut auf einem Dessert anrichten. Bewunderung der Gäste garantiert.
Großer Nachteil dieser Zuckergebilde: Sie ziehen sehr schnell Feuchtigkeit und sollten zügig Verwendung finden. Lässt man sie einige Stunden auf dem Backpapier liegen, hat man hinterher nur noch einen Klecks klebrigen Karamells auf dem Papier. Ein wenig länger halten sich die Zuckerverzierungen luftdicht verschlossen. Michel Roux empfiehlt in seinem Buch "Desserts - Meine Lieblingsrezepte", in den Behälter etwas ungelöschten Kalk zu geben, darauf Alufolie und dann die Zuckerverzierungen. Ungelöschter Kalk ist Calciumoxid, auch als Branntkalk bezeichnet. Findet im Bau als Beimischung von Mörtel Verwendung, in der Lebensmittelindustrie als E529 ohne Beschränkung zugelassen ist - sagt jedenfalls Wikipedia. Wo man das herbekommt, weiß ich nicht. Vielleicht in der Apotheke?
Mehr Verzierungen und Dekorationen:
Einfach Deko für Kuchen aus der Springform mit Schablonen
Zitronenkuchen mit Puderzucker-Deko
Halloween-Schablonen für Muffins und Cupcakes
Verzierte Schokoladen-Cupcakes
Schoko-Aufleger und Schokoladengitter
Einsatz der Zuckerspiralen auf einer Vanillecreme mit Sherry und Brandy
18 Kommentare
Hallo! Deine beschreibung wie man das wirklich richtig macht ist klasse! Ich habe auch immer den Zucker umgerührt, werde ich jetzt nicht mehr tun. Danke für deine Tipps.
Grüße Beate
Eine sehr gute und trotzdem einfache Anleitung, mein Kompliment. Und die Spiralen sehen wie kostbarer Goldschmuck aus. Tip bezüglich Haltbarkeit:
in manchen gekauften Keksdosen oder luftdicht verpackten Knabbereien sind so kleine Blättchen beigepackt, die die Luftfeuchtigkeit aufsaugen. Solche habe ich gesammelt. Die lege ich immer zu Zuckerwerk oder Gebäck, das knusprig-hart bleiben soll, in die luftdichten Behälter.
Danke für die super Anleitung - ich habe bisher auch immer gerührt! :-(
Das sieht großartig aus! Aber ich ahne schon, dass meine Feinmotorik für solche Spiralen nicht ausgeprägt genug ist. :-)
Danke für den tollen Bericht, das werde ich mal ausprobieren.
@Beate: Ich bin auch immer fast zu ungeguldig und möchte am liebsten von anfang an rühren ...
@Eline: Kenne diese Blättchen nicht - nur die Silica-Gel-Beutelchen, die bei technischen Dingen oder anderen Feuchtigkeits-empfindlichen Dingen dabei sind.
@Eva: Ja, einfach mal die Ungeduld überwinden ;-)
@Hedonistin: Wie immer im Leben - Übung macht den Meister ;-)
@lillebi: Bin gespannt!
@backyana: Habe ganz vergessen zu erwähnen, dass der neue Impuls von dem Treffen in der Lecker-Redaktion stammt. Dort wurden die auch gemacht. Mein erster Versuch "Engelshaar" zu spinnen liegt allerdings schon rund 12 Jahre zurück. Habe es damals dann aber aufgrund der schlechten Lagerbarkeit wieder aufgegeben. Abonnentin der Zeitschrift bin ich nicht ;-)
Ein sehr schöner Bericht über Zuckerschmiedekunst. Danke, das war wirklich interessant.
Ich habe immer viel Repekt vor solchen Verzierungen auch wenn es beim täglichen Kochen wohl zu viel Arbeit ist. Aber testen werde ich das mit Sicherheit irgendwann mal!
Das war nicht so schwer zu machen! Bin faziniert, so schön aussieht, und schnell zu machen. Vielen Dank für die Info!
Zum Trockenhalten kannst du das Trockenmittel Silica Gel verwenden. Es besteht aus kleinen orangenen Perlen die, die Feuchtigkeit aus der Luft ziehen. Ich packe sie in einen Papierfilter und lege Sie zu den Lebensmitteln in die Dose. Wenn die Perlen ihre Farbe verloren haben, nehmen sie keine Feuchtigkeit mehr auf. Man kann sie dann aber im Backofen wieder trocknen und so jederzeit wiederverwerten.
Silica Gel bekommst Du im Internet bei www.hobby-photo.de Dies war der kostengünstigste Versender oder in der Apotheke ( um einiges teurer)
Viel Spass Sabine
Dickes Lob für die ausführliche Beschreibung!
Als gelernter Koch hab ich mich manchmal an solche Kunstwerke rangetraut-aber schnell wieder gelassen.
Auch ich hab beim Karamelisieren immer gerührt und hatte immer Luftblasen drinn.
Auch ist es nicht ganz einfach die richtige Temperatur zu finden.
Deine Beschreibung macht mir Mut es nochmals zu probieren.
Vielen Dank!
hi,hier ein tipp von mir am besten lassen sich die spirallen auf einem stahl zum messer schleifen drehen,vorher etwas sprühfett rauf und fertig.
Vielen Dank für die tolle Erklärung!Hab lange gesucht, probier es gleich morgen aus, bin gespannt!
Hey.
also ich hab das ausprobiert aber bei mir hat es überhaupt nich funktioniert.
als der zucker geschmolzen is konnt ich nicht ma etwas sehen da es so geraucht hat und der rauch tat auch noch in der nase weh.
und der topf sieht jetzt auch dem ensträchend aus. Total verklebt und schwarz.
was habe ich falsch gemacht?
lg gloria :-)
Gloria, das ist in der Tat etwas tricky, denn der Zucker muss langsam erhitzt werden. Bei Dir war der Zucker dann sehr schnell ueber das Karamell-Stadium hinaus und ist einfach nur verbrannt. Also: Zucker sehr langsam und nicht mit voller Herd-Power erhitzen.
sehr gute beschreibung...ich würde den kochlöffelstiel noch ein wenig einölen dann geht es leichter ab...wer weiße spiralen machen will der sollte ISOMALTZUCKER verwenden der verfärbt sich nicht und verbrennt nicht...
Ich muss Torsten Zustimmen. Bei mir klappt das völlig einwandfrei mit einem runden Wetzstahl. Auch ohne Butter oder Fett. Bei einem Holzlöffel half Butter auch nicht. Meine Empfehlung: Runder Wetzstahl. Mein Kollege schwört auch darauf.
Video zur Zuckerspirale
https://www.youtube.com/watch?v=GBBVtj2eTxI&hd=1
« Rosencafé in Glücksburg | Vanillecreme mit Sherry und Brandy » |